Washington..

Sie war eine Film-Ikone, eine Diva, ein Sex-Symbol und Hollywood-Star, dessen früher Tod zur Legendenbildung beitrug. Jetzt wurden Marilyn Monroes letzte Worte auf einem Dachboden gefunden.

Eigentlich glaubte man, nach inzwischen weit über 300 veröffentlichten Biografien allein in den USA schon alles über Marilyn Monroe zu wissen: über ihr unglückliches Leben, ihre Affären und kurzen Ehen, ihren frühen Tod nach zu viel Schlaftabletten mit gerade 36 Jahren.

Doch nun, fast 50 Jahre nach jener verhängnisvollen Nacht im August 1962 im kalifornischen Los Angeles, kommt die Monroe noch einmal selbst zu Wort. Jahrzehnte hatten Marilyns Tagebuchnotizen, Briefe und Gedichte, aber auch abgerissene Satzfetzen und profane Haushalts-Merklisten in einem chaotischen Durcheinander in mehreren Schachteln auf dem Dachboden ihres Schauspiellehrers und Mentors Lee Strasberg in New York überwintert. Strasbergs Witwe Anna hat Marilyns schriftlichen Nachlass zu einem Buch bündeln lassen, das in diesen Oktobertagen zeitgleich in zehn europäischen Ländern und in den USA erscheint.

„Allein!!! Ich bin immer allein.“

Jack Lemmon (r.), Marilyn Monroe (Mitte) und Tony Curtis (l.) finden: „Some like it hot“. (Foto: afp)
Jack Lemmon (r.), Marilyn Monroe (Mitte) und Tony Curtis (l.) finden: „Some like it hot“. (Foto: afp) © AFP | AFP

Vor allem im Kinoland Frankreich werden Marilyns letzte Worte schon jetzt als literarische Sensation im aktuellen Bücherherbst gefeiert. „Tapfer lieben“, lautet der deutsche Titel arg verkitscht, „Fragments“, so das englische Original, trifft den Inhalt des Buches wohl besser.

Eine posthume Schriftstellerin von Rang wird die Monroe damit nicht. Aber ihre Gedanken über das Leben, die Liebe, die Filmindustrie, gestreckt über zwei Jahrzehnte, zeichnen einen Alptraum nach, an dessen Ende Marilyn Erlösung nur noch im ewigen Schlaf fand.

Dass sie bildungshungrig literarische Schwergewichte las und zumindest in ihren ersten Hollywood-Jahren Bibliotheken den Partys der Filmszene vorzog, ist so neu nicht. Wie groß ihre Versagensängste im Leben und im Filmgeschäft aber tatsächlich waren, vertraute sie wiederum nur ihren Tagebuchseiten an. „Warum fühle ich mich weniger wert als andere?“ – ausgeprägte Selbstzweifel sollten sie ein Leben lang begleiten. „Allein!!! Ich bin immer allein.“ Wie ein roter Faden zieht sich ihre Einsamkeit durch ihre Aufzeichnungen, die sie schon als früh verheirateter Teenager begann.

Gedanken, die sie selbst in flüchtiger, kaum leserlicher Handschrift zu Papier brachte, spiegeln eine zerrissene Seele wider, die mit dem Ruhm und der wachsenden inneren Verzweiflung nicht mehr zurecht kommt. „Die Monroe“ zu sein, empfand sie als Qual. Heitere Charaktere zu spielen, während sie sich innerlich längst abgestorben fühlte, kam ihr wie Folter vor.

Sexy, aber dumm und naiv

Todessehnsüchte beschrieb die Monroe schon Jahre, bevor sie, erdrückt von ihrem eigenen Image, das sie nicht mehr los wurde, 50 Schlaftabletten schluckte. „Verdammt wie ich mir, wünschte ich, ich wäre tot, absolut nicht vorhanden“, heißt es einem Gedicht aus den späten 50er Jahren.

Als intellektuelle Ehrenrettung für die naive Blondine vom Dienst, der die Studiobosse den Wechsel ins Charakterfach verwehrten, ist das Buch nicht gemeint. Statt dessen wollen die amerikanisch-französischen Herausgeber Stanley Buchthal und Bernard Comment die komplexe Innenansicht einer klugen und zerbrechlichen Frau vorstellen, die in der öffentlichen Wahrnehmung auf „sexy, aber dumm und naiv“ festgelegt war.

Auf den meisten Fotos in diesem Band sieht man sie in ein Buch vertieft. Der Monroe hätte das gefallen.