Berlin. Dreimal war Wim Wenders für einen Oscar nominiert. Nach zwei vielgelobten Dokumentarfilmen stellt der Regisseur erstmals wieder einen Spielfilm vor.
Nur den Bruchteil einer Sekunde ist Tomas unachtsam am Steuer, da geschieht das Unglück. Den Schriftsteller trifft keine Schuld. Und doch wird dieser Augenblick sein Leben grundlegend verändern - und das von drei Frauen um ihn herum.
Dieses düstere Szenario ist Ausgangspunkt für den neuen Film von Wim Wenders. In "Every Thing Will Be Fine" macht der vielfach preisgekrönte Regisseur daraus eine wunderbar poetische Geschichte über Schuld und Leid - und die Kraft, die daraus irgendwann doch erwachsen kann. Großes Kino mit tollen Schauspielern, fast unwirklich schönen Bilder und hochemotionaler Musik - manchmal vielleicht ein bisschen nah am Kitsch.
Wenders von 3D-Technik fasziniert
Nach dem Tanzfilm «Pina» und dem Fotografenporträt «Das Salz der Erde» kehrt Wenders erstmals seit sieben Jahren wieder zum Spielfilm zurück. Überraschenderweise bleibt er aber trotz der kleinen, intimen Geschichte bei der 3D-Technik, die ihn seit «Pina» so fasziniert.
«Die Arbeit mit 3D ist, als würde man mit einem Vergrößerungsglas auf die Dinge schauen», sagt der 69-Jährige im Gespräch der Nachrichtenagentur dpa. Die Herausforderung sei dann gewesen, «diese enorme Präsenz der Schauspieler für das Erzählen zu nutzen».
Und das macht Wenders, der Schöpfer von Meisterwerken wie «Paris, Texas» und «Der Himmel über Berlin», mit sehr viel Liebe und Geduld. Er begleitet seine Figuren nach dem traumatischen Unfall zwölf Jahre lang, jeweils alle zwei bis vier Jahre gibt es eine Wiederbegegnung.
So lernt der Zuschauer gleich zu Beginn den Schriftsteller Tomas (James Franco) kennen, der im schneidend kalten kanadischen Winter in einer einsamen Hütte am See gegen seine Schreibblockade kämpft.
Mit dem Unfall bricht sein Leben in Stücke. Er wird die angeschlagene Beziehung zu seiner Freundin Sara (Rachel McAdams) beenden und fühlt sich immer wieder voller Schuldgefühle an den Ort des Geschehens hingezogen.
Erst das Treffen mit Kate (Charlotte Gainsbourg), der Mutter des verunglückten Kindes, gibt ihm langsam wieder Boden unter den Füßen. Doch auch die neue Beziehung zu der alleinerziehenden Mutter Ann (Marie-Josée Croze) und sein späterer Erfolg als Bestsellerautor bleiben von den Ereignissen überschattet.
In Idealbesetzung: James Franco
Für die Rolle des verschlossenen, introvertierten Schriftstellers ist James Franco die ideale Besetzung. Mit einer unnachahmlichen Mischung aus Charme und Selbstvergessenheit wehrt der Hollywood-Beau alle Versuche der Frauen ab, seinen Panzer zu knacken. Letztlich ist es dann der Kontakt zu zwei Kids, der Tomas zu einer Auseinandersetzung mit der Vergangenheit hilft.
Die Vorlage für den Film stammt von dem jungen norwegischen Drehbuchautor Björn Olaf Johannessen, den Wenders früher einmal für ein Script ausgezeichnet hatte. Drei Jahre später schickte er die neue Geschichte - und Wenders griff mit seinem Produzenten Gian-Piero Ringel sofort zu. «Nicht ich habe die Geschichte ausgesucht, sie hat mich ausgesucht», sagt er.
Ob sich die mit der 3D-Technik deutlich aufwendigere Verfilmung auszahlt? Bei der Berlinale, die das neue Werk ihres Ehrenpreisträgers im Februar vorstellte, gingen die Meinungen dazu auseinander. Während die einen von einem der «visuell aufregendsten Filme» überhaupt sprachen, fanden andere die Dreidimensionalität mit den ungeliebten Brillen «nicht zwingend».
Doch so oder so - an der Dichte der Geschichte ändert das nichts. Hauptdarsteller Franco nennt sie eine «Meditation über das Leben» - dass alles gut wird, wenn man es mit all seinen Verlusten und Erfolgen annimmt. Every Thing WillBe Fine. (dpa)