Essen. Regisseur Peter Jackson macht aus J.R.R. Tolkiens schmalem „Hobbit“-Roman gleich drei epische Filme. Am Donnerstag kommt der erste Teil ins Kino. Es gibt ein Wiedersehen mit Mittelerde, vielen bekannten Figuren und Monstern. Eigentlich ist alles wie beim „Herr der Ringe“.
Das Buch „Der Hobbit“ von J.R.R. Tolkien betrachte er im Grunde als Skizze, wird der Regisseur Peter Jackson zitiert. Er aber sei angetreten, daraus ein Ölgemälde zu machen. Jackson wollte damit wohl all jenen den Wind aus den Segeln nehmen, die in seiner Absicht, aus einem nur 300 Seiten starken Jugendbuch drei mächtige Filme zu machen, reine Beutelschneiderei vermuten. Schon der am Donnerstag in die Kinos kommende Auftakt „Eine unerwartete Reise“ bringt es auf etwa 174 Minuten, wovon allerdings der Abspann mit seiner Legion von Namen schon 16 Minuten in Anspruch nimmt.
Langer Rückblick auf Massaker
Tatsächlich nimmt der Regisseur sich ungemein viel Zeit, nicht nur bei der Einführung der neuen Helden-Figuren. Aber man kann ihm sicher nicht vorwerfen, dass er nun jeden Punkt und jedes Komma dreht und wendet. Dafür ist Jackson ein zu gewiefter Menschenfänger, der weiß, wie er sein Publikum bei der Stange hält. Also gibt es zu Beginn erst einmal einen langen Rückblick auf die Vernichtung des Zwergenreiches Erebor durch einen feuerspeienden Drachen.
Und als Nachschlag das Massaker, dass die hässlichen Orks unter den fliehenden Zwergen anrichten. Man wird das Gefühl nicht los, als hetze Jackson hier verklausuliert militante Palästinenser auf das heimatlose Volk der Juden.
„Herr der Ringe“ noch einmal
Dass der Regisseur bereits Tolkiens „Herrn der Ringe“ in drei Teilen verfilmt hat (und wie dick waren diese Bücher im Vergleich!), das erweist sich nicht etwa als Vorteil bei einem Stoff, der 60 Jahre zuvor im Phantasiereich Mittelerde spielt. Auf Unkundige in der personenreichen Tolkien-Literatur nimmt er keine Rücksicht, sie werden ihre liebe Mühe haben, mit den zahllosen Namen und Verbindungen klarzukommen. Und nicht selten hat man das Gefühl, als sei man im „Herrn der Ringe“ steckengeblieben: Zu ähnlich ist die Struktur der Erzählung, die wieder von einer gefahrvollen Mission angetrieben wird und bei der erneut der Zauber Gandalf (Ian McKellen) als Reiseführer dient. An deren Ende wartet auch wieder eine schier unmögliche Aufgabe: das Zwergenreich aus den Klauen des Drachen Smaug zu befreien.
Die Bedrohung klingt nie ab
Da kommt nun endlich die Titelfigur des Buchs ins Spiel, der Hobbit Bilbo Beutlin (Martin Freeman), der eigentlich mit einer vollen Speisekammer und einem guten Buch vollauf zufrieden ist. Das Wort Gefahr gehörte bisher nicht zu seinem Wortschatz. Die Zwerge aber wollen ihn auf Gandalfs Rat hin mitnehmen, weil der Drache den Hobbit-Geruch nicht kennt und Bilbo unbemerkt an ihm vorbeikommen könnte.
Der Film mag kaum einen Satz des Buches auslassen, aber Jackson, der Herr der Dinge, weiß immer genau, wann die nächsten Monstren einzusetzen sind, um die Bedrohung für die kurzbeinigen Recken nie abklingen zu lassen. Nach den Orks auf ihren Riesenhunden warten schon die menschenfressenden Trolle, die unterirdischen, von Geschwüren zerfressenen Goblins, monumentale Steinriesen oder monströse Spinnen, die ganze Wälder in totes Holz verwandeln. Und Bilbo hat seine erste Begegnung mit dem zwielichtigen Gollum und dem später einmal so wichtig werdenden Ring.
Der Blick ins Drachenauge
Dass er dabei vom Stubenhocker zum Helden aufsteigt, ist die eine Sache. Die andere ist, dass man irgendwann nicht mehr mitansehen kann, wie unsere Reisegesellschaft zu Fuß quer durch die Landschaft flüchtet, weil ihnen ihre Esel längst abhanden gekommen sind. „Das Schlimmste haben wir jetzt wohl hinter uns“, atmet Bilbo am Ende auf. Der kennt Peter Jackson noch nicht: Die letzte Einstellung ist ein Blick ins finstere Drachenauge.