Essen. Zwei Frauen an der Seite des walisischen Dichters Dylan Thomas: Sängerin Vera alias Keira Knightley und Caitlin alias Sienna Miller werben um den selben Mann. Dann freunden sie sich an, was dem Dichter nicht gefällt. Ein Leben der Ausschweifung in zahmen Bildern.
Der Film „Edge of Love” beginnt wie ein Traum: Mitten in einem schäbig-düsteren Londoner U-Bahn-Tunnel steht vor einer Menge verängstigter Menschen eine Frau mit verlockend rotem Mund, angetan mit einem farbenfrohen Kleid – und singt. Draußen mögen deutsche Bomben fallen, hier unter Tage aber ist Entertainment angesagt.
Kein Traum also, eher die rüde Wirklichkeit des Zweiten Weltkriegs, der man durch derartige Show-Einlagen zu entkommen suchte. Die Sängerin heißt Vera, wird von Keira Knightley gespielt, und die Großaufnahmen zu Beginn werden im Laufe des Films nicht abreißen. Eine Verbeugung des Regisseurs John Maybury vor der Schönheit dieser Schauspielerin, gewiss, aber sicher auch eine Folge der Tatsache, dass Miss Knightleys Mutter Sharman MacDonald für das Drehbuch verantwortlich war.
Vera trifft in London ihre Jugendliebe Dylan Thomas (Matthew Rhys) wieder, einen bekannten walisischen Dichter und Bohemien („Unter dem Milchwald”), der die Klischees „Trinker” und „Weiberheld” in jeder Beziehung mit Leben zu erfüllen versucht. Inzwischen ist er verheiratet mit Caitlin (Sienna Miller) und Vater zweier Kinder, die aber in diesem Film seltsam ausgeschlossen bleiben. Dafür geht es umso mehr um die Beziehungen der Erwachsenen: Sehr schnell stehen wir vor einer ungewöhnlichen „Me´nage à trois”, die keineswegs ausgelebt wird. Vera bleibt für den ansonsten so hormongesteuerten Dylan das Idealbild einer Frau, seine „unerreichbare Sonne”, während Caitlin die Rolle der irdenen Geliebten zukommt.
Der Beginn einer wunderbaren Feinschaft
Die Dinge verkomplizieren sich. Vera und Caitlin freunden sich mehr an, als es Dylan recht sein kann. Und dann heiratet Vera auch noch in einer Art Trotzreaktion den Soldaten William Killick (Cillian Murphy), mit dem zusammen sie ein Haus neben der Familie Thomas bezieht. Es ist der Beginn einer wunderbaren Feindschaft zwischen den beiden Männern, denn die Augen des allgegenwärtigen Dylan, das suggeriert uns Regisseur Maybury tatsächlich in einer Bildmontage, wachen sogar über Veras Ehebett.
Irgendwo zwischen Liebesgeschichte, Kriegsdrama, Künstlerbiographie und der Zeichnung einer Frauenfreundschaft verplätschert dann die anfängliche Magie dieses Films. Das pralle Leben voller Ausschweifungen, das er unterstellt, gibt er lediglich in zahmen und züchtigen Bildern wieder, die jeder Lust zuwiderlaufen. Betulichkeit macht sich breit, weil „Edge of Love” nie wirklich zu dem durchdringt, was seine Figuren antreibt. Warum ist Vera lange Zeit mit der Rolle der bewunderten Göttin zufrieden, warum erniedrigt sich Caitlin in zahllosen Seitensprüngen? Und was eigentlich macht das Genie dieses Dylan Thomas aus, den Matthew Rhys vorwiegend saufend und schnaufend geben muss? Am Ende können nur jene zufrieden sein, die nicht genug davon bekommen, Keira Knightley aus der Nähe zu sehen.