Berlin. Mit ihrer 17. Nominierung steht die Schauspielerin am Sonntagabend vor ihrem dritten Oscar. Im Interview spricht sie über ihre Sicht auf Maggie Thatcher, deren Rolle sie in „Die Eiserne Lady“ spielt. Ob sie aufgeregt ist? „Natürlich bin ich aufgeregt. Das ist so spannend wie eine Sportveranstaltung – tatsächlich kann man ja Wetten auf mich abschließen, als wäre ich ein Rennpferd“.

In den 35 Jahren ihrer glanzvollen Karriere trat Meryl Streep in mehr als 60 Filmen auf, in „Jenseits von Afrika“ etwa, „Die Brücken am Fluss“ oder im Abba-Musical „Mamma Mia“. Als Paraderolle spielt Streep in dem Biografie-Streifen „Die Eiserne Lady“ die britische Premierministerin Margaret Thatcher. Bei der kommenden Oscar-Verleihung ist sie, wie schon unschlagbare 16 mal zuvor, dafür erneut nominiert. Höchstwahrscheinlich wird sie am Sonntag ihren dritten Oscar in Empfang nehmen.

Sie haben bereits 17 Nominierung für den Oscar bekommen, ist man da noch aufgeregt, wenn es wieder so weit ist?

Meryl Streep: Natürlich bin ich aufgeregt. Das ist so spannend wie eine Sportveranstaltung – tatsächlich kann man ja Wetten auf mich abschließen, als wäre ich ein Rennpferd. Auf einmal geht es nur noch um die Frisur, das Kleid, die Schuhe, die Tasche und den Schmuck – diesen Teil am Oscar hasse ich wirklich total.

Ist es Ihnen nicht ein bisschen unheimlich, wie sehr Sie von allen Seiten verehrt und gemocht werden?

Streep: Ich kann Ihnen gerne ein paar Blogs im Internet zeigen, die nicht ganz so schmeichelhaft ausfallen. Aber das stört mich recht wenig . . . (lacht)

Immerhin gibt es Kritik an dem Bild der Margaret Thatcher, das der Film zeigt . . .

Streep: Der Film ist genau so geworden, wie wir es uns vorgestellt hatten. Wir wussten, dass die Reaktionen kontrovers ausfallen würden. Für die Linken ist unser Porträt zu freundlich, die Rechten behaupten, wir hätten kein Recht, in die Privatsphäre einer lebenden Person einzudringen und ihre Schwäche zu zeigen. Genau diese Schwäche hat uns inter­essiert: Es geht um das Ende von Macht und darum, was einem am Ende eines Lebens noch bleibt.

Wo lag für Sie die besondere Herausforderung bei dieser Rolle?

Streep: Mir ging es vor allem darum, möglichst genau darzustellen, wie Thatcher sich ihrer Umwelt präsentierte. Denn dieses Image provozierte den ganzen Hass und diese seltsame Furcht, die ihr entgegengebracht wurde – auch von ihrer eigenen Partei. Mehr künstlerische Freiheit hatte ich beim Porträt der späten Thatcher. Hier konnte ich meine ganz eigenen Erfahrungen des Älterwerdens einbringen.

Was hat Sie am meisten fasziniert an dieser Figur?

Streep: Alles an ihr ist faszinierend. Diese Energie, die es brauchte, im Jahr 1979 die Führung dieser antisemitischen, homophoben und klassenorientierten Partei der Konservativen zu übernehmen. Dort war es üblich, dass sich Frauen auf das Servieren von Tee beschränkten. Wie muss es sich angefühlt haben, in einen Raum voller Männer zu gehen? Was wäre geschehen, wenn sie Gefühle gezeigt hätte? Warum hat sie nie gelacht? Aus diesen Gründen entstand das Image der Eisernen Lady.

Wie beurteilen Sie die Politik von Thatcher?

Streep: Vor Beginn des Filmes hatte ich ein sehr schlichtes Bild: Freundin von Reagan, schlechte Kleider und schreckliche Frisur. Je mehr ich mich mit ihr beschäftigte, desto mehr Überraschungen gab es. Als studierte Chemikerin war sie eine der ersten Staatsführer, die sich um die globale Erwärmung sorgte. Sie war zudem für das Recht auf Abtreibung. Zu Präsident Bush sagte sie einmal wütend: „Diese Sache geht Sie absolut nichts an!“

Umso mehr hat sie die Gewerkschaften beschnitten...

Streep: Ich bin selbst Gewerkschaftsmitglied und schätze diese Organisationen sehr. Man kann Thatcher vorwerfen, dass sie die Gewerkschaften entmachten wollte. Andererseits habe ich 1979 einige Zeit in England verbracht, als viele Unternehmen in Staatsbesitz waren, deren Gewerkschaften das Leben oft schwierig machten. Auf meinen Telefonanschluss musste ich ein halbes Jahr warten. Aus dem damaligen England hätte leicht das heutige Griechenland werden können.