Lennestadt. Hunderte Kleinstadtkinos wollen die Comic-Verfilmung “Avengers 2: Age of Ultron“ nicht zeigen. Grund sei die aggressive Preispolitik von Disney.
Der neue Marvel-Film "Avengers 2: Age of Ultron" könnte der erfolgreichste Film des Jahres werden. Der Action-Streifen um die Marvel-Superhelden Iron Man, Hulk, Captain America, Black Widow, Thor und Hawkeye startet an diesem Donnerstag in den deutschen Kinos - allerdings nicht in allen. Hunderte Betreiber von kleineren Kinos boykottieren den Action-Film mit Robert Downey Jr., Chris Evans und Scarlett Johansson.
Avengers 2: Kleinstadtkinos boykottieren Film
Grund ist die Preispolitik von Disney. Der Konzern verlange nun für Filme wie "The Avengers 2: Age of Ultron" grundsätzlich 53 Prozent des Ticketpreises als Miete von den Kinos, ohne wie bisher auf die Größe des Spielortes Rücksicht zu nehmen, sagte Andreas Kramer vom Vorstand des Hauptverbandes Deutscher Filmtheater (HDF).
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Gerade für Kinos in Orten mit weniger als 50.000 Einwohnern sei das eine große Belastung. Dem Boykott haben sich in NRW unter anderem Kinos im Bad Berleburg, Winterberg, Plettenberg, Meinerzhagen, Radevormwald sowie in Lennestadt angeschlossen, erklärt Meinolf Hanses vom Lichtspielhaus in Lennestadt. Bei ihm heißt es in einer Erklärung auf der Homepage, dass Disney die neuen Forderungen plötzlich und ohne Rücksprache mit den Kinobetreibern gestellt habe. Das gelte auch für alle zukünftigen Disney-Filme.
Kino-Betreiber kritisiert Preis-Erhöhung durch Disney
Das bedeutet, "dass wir unsere Ticketpreise drastisch erhöhen müssten, um diesen Bedingungen gerecht zu werden und außerdem in einigen weiteren Konditionen sehr viel schlechter gestellt wären als vorher", heißt es in der Stellungnahme. Das Lichtspielhauses wolle die Preise für seine Kunden stabil halten und sich nicht dem "unverschämten Diktat der Walt Disney Company beugen". Deshalb werde das Kino wohl keine Disney-Filme wie "The Avengers: Age of Ultron" mehr zeigen, bis neue Konditionen ausgehandelt würden.
"Das kostet uns Kraft und Geld, auf den Film zu verzichten. Aber wir hoffen jetzt auf das Verständnis der Kino-Besucher", sagt Meinolf Hanses vom Lichtspielhaus im Gespräch mit der Redaktion. "Disney wollte bisher keinen Kompromiss eingehen nach dem Motto ,Friss oder Stirb'", zeigt sich Hanses als Geschäftspartner von dem Konzern enttäuscht. "So wollen wir nicht mit den Kunden unseres Kinos umgehen."
Kino schätzt den Aufpreis für "Avengers 2: Age of Ultron" auf drei Euro
Ein Kino in Taucha schätzt den Aufpreis für Disney-Filme auf drei Euro pro Eintrittskarte. Deshalb hat das sächsische Kino laut einer Mitteilung auf ihrer Facebook-Seite nicht nur den neuen Avengers-Film sondern auch „Tinkerbell und die Legende vom Nimmerbiest“ aus dem Programm verbannt.
Karl-Heinz Meier, der in dem 500-Einwohner-Ort Quernheim im Kreis Diepholz (Niedersachsen) die "Lichtburg" betreibt, spricht für die "I.G. Nord", einen Zusammenschluss norddeutscher Kinobetreiber. "Sollten auch andere Verleiher auf diesen Zug aufspringen, gibt es ein Kinosterben in der Fläche", sagte er. Meier schätzt, dass deutschlandweit bis zu 600 Kinos den "Avengers"-Film boykottieren werden.
Disney verstoße gegen ein ungeschriebenes Gesetz
Disney habe gegen ein lange bestehendes ungeschriebenes Gesetz verstoßen, sagt Andreas Kramer vom Hauptverband Deutscher Filmtheater (HDF). Bezogen auf die Ortsgröße habe es von den Verleihern immer einen flexiblen Rahmen bei der Filmmiete gegeben. "Und dieser Rahmen wird nun nach oben hin ausgereizt, ohne dass die Kinos informiert worden oder darauf vorbereitet worden sind." Die Kinos in den größeren Städten müssen bereits die 53-prozentige Filmmiete zahlen.
Die Kinos kommen gerade von einer sehr teuren Investitionsrunde: Die Kosten für die Umrüstung der Kinosäle auf digitale Projektionstechnik habe die Unternehmen in den vergangenen Jahren seiner Einschätzung nach gut 3,4 Milliarden Euro gekostet, sagt Kramer. Auch wenn viele Kinobetreiber für die Umstellung sowohl Branchen- als auch staatliche Fördergelder bekommen hätten, dauere die Amortisierung gerade in den kleinen Städten deutlich länger als in den Metropolen.
Disney möchte keine Stellungnahme abgeben
Die ausländischen Major-Verleiher blendeten die Vielfältigkeit der deutschen Kinolandschaft einfach aus, klagt Kramer. Und die Verleiher beobachteten untereinander genau, was die Kollegen tun. "Wenn Konditionen einmal auf dem Markt durchgesetzt sind, werden auch andere darauf aufspringen."
Zu dem Thema wollte sich Disney nicht äußern. "Es entspricht nicht unserer Firmenpolitik, vertrauliche Details unserer Geschäftsbeziehungen öffentlich zu kommentieren", sagte Petra Strobl von Walt Disney Studios Motion Pictures Germany in einer schriftlichen Stellungnahme. (mit dpa)