Duisburg.. Seit mittlerweile 36 Jahren ist die Duisburger Filmwoche eine Heimstatt des engagierten Dokumentarfilms. Jedes Jahr bringt neue Überraschungen, bietet verblüffende Einblicke in Welten, die einem völlig unbekannt sind. Am kommenden Montag, 5. November, geht es wieder los.

„Zu einer anderen Zeit“, bedauert der Betriebsrat, „da hätte man sehen können, wie viel Grün es auf der Hütte gibt.“ Aber als es um diesen Betriebsrat ging, da hatten Florian Pawliczek und Andi Michaelis von der FH Dortmund eher eine spätherbstliche Stimmung im Sinn. Passend zu der Stimmung bei den Hüttenwerken Krupp-Mannesmann in Duisburg-Hüttenheim, wo nicht wenige der Arbeiter die Kündigung erwarten. Die Frage ist nur, wann der Ofen endgültig aus ist.

Der Film der beiden Nachwuchsfilmer trägt den schönen Titel „Stahlbrammen und Pfirsiche“ und eröffnet am kommenden Montag die 36. Duisburger Filmwoche. Es ist sicher ein Glücksfall, dass ein Film mit lokaler Thematik dieses dokumentarischen Traditionsfestival eröffnet. Das dokumentiert auch die Nähe zu einer Stadt, die diese Veranstaltung über Jahrzehnte am Leben gehalten und gerade erst wieder eine Versicherung für die Zukunft abgegeben hat.

Der Traumwagen vor der Haustür

„Stahlbrammen und Pfirsiche“ holt uns die Menschen heran, die auf typischen Industriebildern nur wie kleine Spielfiguren inmitten riesiger Werkshallen wirken. „Vatta auffe Hütte, Oppa auch, dat ging ganz automatisch“, erzählt der 43-jährige Schleifer, der selbst lieber zur Post gegangen wäre. Dann aber hätte er vermutlich nicht eine solche Sehnsucht nach kleinen Fluchten mit seinem Traumwagen entwickelt, der bisher unbenutzt vor der Haustür steht, weil noch „die Fleppe weg is“. Bald aber wird er ihn tunen, mit mächtigem Auspuff und reichlich Krach. Das muss wohl sein, damit der Lärm des Schleifens innerlich übertönt wird.

„Bilderräume“ ist das Duisburger Programm in diesem Jahr betitelt. Will sagen: Hier sieht man Filme, in denen die Kamera in Räume eintaucht, die dem Betrachter gemeinhin verschlossen bleiben. Wie beispielsweise das Hochsicherheitsgefängnis „Thorberg“, eine Art Alcatraz der Schweiz. Dem Regisseur Dieter Fahrer ist es dennoch gelungen, sieben Einsitzende danach zu befragen, ob der offene Vollzug einen Menschen sozial bessert.

Evangelikale Christen in Colorado Springs

Der Lebensraum evangelikaler Christen in Colorado Springs steht im Zentrum von „Virgin Tales“, einem beklemmenden Film über einen Fundamentalismus, der Mädchen zur sexuellen Abstinenz bis zur Hochzeitsnacht nötigt und aus jedem Mann einen Kämpfer für ein anderes Amerika macht.

Allein acht Uraufführungen und fünf deutsche Erstaufführungen finden sich unter den 26 Filmen des Hauptprogramms. Alte Bekannte wie Harun Farocki und Romuald Karmakar sind wieder dabei. Vor allem aber der Nachwuchs sei es, so Festival-Chef Werner Ružička, der diesmal „durch eigen- und oft widerständige Arbeiten“ auf sich aufmerksam mache.