Essen.

Mit dem Film „Soul Kitchen“ folgt Regisseur Fatih Akin seinem Drang nach Leichtigkeit und erinnert sich daran, dass das Leben nicht nur aus Schmerz und Nachdenklichkeit besteht.

Fast hatte man schon vergessen, dass Fatih Akin in seinen frühen Filmen als Regisseur durchaus auch komisch sein konnte – in dem Roadmovie „Im Juli” beispielsweise oder auch in der Italo-Einwanderergeschichte „Solino”. Die großen Preise hat er danach mit schwerem Drama eingesammelt, was ihn stolz aber wohl nicht ganz glücklich machte. Deshalb gibt es jetzt „Soul Kitchen”, einen kurzweiligen Hamburger Heimatfilm um das Schicksal eines abgetakelten Esslokals und der mit ihm verbundenen Menschen.

„Eine Fingerübung sollte es sein”, beschreibt Akin seinen Drang nach Leichtigkeit. „Etwas, was mich selbst daran erinnern sollte, dass das Leben nicht nur aus Schmerz und Nachdenklichkeit besteht.” Eine Auszeit vor der Beschäftigung mit dem Beelzebub also, denn Akins „Liebe, Tod und Teufel”-Trilogie („Gegen die Wand”, „Auf der anderen Seite”) wartet noch auf ihre Vollendung.

Komödie mit Hamburger Lokalkolorit

Inzwischen beweist der Filmemacher, wie präzise er immer noch eine Komödie mit Hamburger Lokalkolorit, authentischer Szene-Atmosphäre und schrägen Typen hinbekommt. Hauptfigur des Films ist der Deutsch-Grieche Zinos (starker Auftritt: Adam Bousdoukos), der in Hamburgs Problemstadtteil Wilhelmsburg eine Gaststätte betreibt, in der er eine kulinarisch wenig verwöhnte Klientel abfüttert. Man liebt fettige Fritten und hat auch nichts dagegen, wenn die Bestandteile des Essens aus Dose und Kühltruhe stammen. Wirtschaftlich aber steht nicht alles zum Besten: Das Finanzamt pfändet schon, der Lebensmittelkontrolleur (schöner Kurzauftritt: Jan Fedder) bemängelt die chaotische Küche.

Zinos erhofft sich Fortschritte durch den gelernten Koch Shayn (cholerischer Messerwerfer: Birol Ünel), der nun endlich Essen verkaufen möchte und nicht länger pures Junkfood. Die alten Gäste aber ziehen nicht mit, neue Schichten aus der Kulturszene bauen sich jedoch allmählich auf. Es wäre also alles gar nicht so schlimm, wenn Zinos nicht um seine Beziehung mit Freundin Nadine bangen würde, die gerade als Korrespondentin nach Shanghai gewechselt ist. Eigentlich möchte er sofort hinterher, aber dann taucht Zinos Bruder Ilias (Moritz Bleibtreu) auf, der als Knast-Freigänger dringend einen Job braucht. Und Zinos selbst handelt sich zu allem Überfluss auch noch einen Bandscheibenvorfall ein.

Ein Film des Abschieds

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Von DerWesten

Es ist viel los in dieser „Soul Kitchen”. Ein hinterhältiger Immobilienspekulant (Wotan Wölke Möhring) möchte sich das Objekt zwecks Abriss einverleiben. Die Frau vom Finanzamt (Cathrin Striebeck) erlebt hier ihre erste Orgie, weil Shayn aus purer Lust mal eben ein starkes Aphrodisiakum ins Essen gemengt hat. Fatih Akin jedoch gelingt es, all diese Fäden wie selbstverständlich miteinander zu verknüpfen. Selbst im größten Schlamassel achtet er auf die Taktung der Szenen mit Hilfe seelenvoller Popmusik. „Soul Kitchen” sehen ist manchmal wie das Hören von Rhythm’n’Blues.

Fatih Akin hat nicht nur einen Film gedreht, in dem Bruderliebe und Freundschaft wegweisende Komponenten sind, es ist auch ein Film des Abschieds geworden. Auch Wilhelmsburg, so steht zu befürchten, wird seine gemütliche Schäbigkeit nicht gegen die Begehrlichkeiten der Immobilienbranche verteidigen können. Ein wehmütiger Abgesang ist es sicher nicht geworden. Mehr schon eine trotzige Komödie über die starken Menschen, die hier immer noch leben.