Essen. Als harter Hund, böser Bube und Sturkopf ist Tommy Lee Jones dem Kinopublikum seit Jahrzehnten vertraut. Am Mittwoch wird der Mann aus Texas 75.

Strenger guckt keiner, so viel ist sicher. Und was in seinen Filmen Eindruck macht, in denen er meist mit grimmiger Autorität zu Werke geht, hat auch schon Scharen von Journalisten Respekt eingeflößt: Tommy Lee Jones brummt sich gerne ziemlich einsilbig durch Interviews. Das zerfurchte Gesicht mit den schweren Tränensäcken und einer für Hollywood rekordverdächtigen Ansammlung von Falten prägt sich ein, wenn man es einmal auf der Leinwand erlebt hat -- und dazu gab es in den letzten fünf Jahrzehnten reichlich Gelegenheit: Jones, der am Mittwoch seinen 75. Geburtstag feiert, hat mittlerweile in mehr als 80 Filmen gespielt und gehört schon lange zu den Großen der Branche. Einer, der in Blockbustern Millionen verdient, viel lieber aber in kleinen Autorenfilmen tiefe Charakterstudien liefert.

Ein Oscar als Jäger von Dr. Kimble

Ein eher untypischer Jones-Auftritt: mit Meryl Streep in der Ehekomödie
Ein eher untypischer Jones-Auftritt: mit Meryl Streep in der Ehekomödie "Wie beim ersten Mal" © Wild Bunch Germany | Barry Wetcher

Der Texaner, Sohn einer Polizistin und eines Ölarbeiters, hatte schon zwei Jahrzehnte lang Fernseh- und Kinoauftritte, Brecht und Shakespeare am Theater gespielt, ehe er 1993 zum Star wurde: Als nie aufgebender Jäger von Dr. Kimble in „Auf der Flucht“ gewann Jones den Nebenrollen-Oscar und erhob das Granteln zur Kunstform. Dieser übellaunige Marshal Sam Gerard kam beim Publikum so gut an, dass er wenige Jahre später ein zweites Mal auf die Jagd gehen durfte.

Als böser Bube hatte Jones bis dahin schon Eindruck gemacht in einer Reihe von Krimis. Sein Gesicht schien den Filmemachern lange Zeit das Gefühl zu vermitteln, man müsse ihn einfach so besetzen. Doch das änderte sich in den Neunzigern: Der Rollentypus des Sturkopfs auf der Suche nach der Wahrheit und mit dem Instinkt für die nötigen Entscheidungen prägte seine Arbeit und formte ein paar Kinoperlen. Dabei verweigert sich Jones bis heute in aller Regel den idealtypischen Heldenrollen, vielmehr stoßen seine Figuren an die Grenzen des amerikanischen Traums und legen die brutale Realität hinter dessen Fassade offen.

Sein stärkster Film: Jones (hier mit Victor Wolf, re.) in „Im Tal von Elah“.
Sein stärkster Film: Jones (hier mit Victor Wolf, re.) in „Im Tal von Elah“. © ZDF und Lorey Sebastian | Lorey Sebastian

Wie Tommy Lee Jones in seinem vielleicht stärksten Film „Im Tal von Elah“ (2007) als Vietnam-Veteran mit dem unbedingten Vertrauen des Patrioten in die Ideale seines Heimatlandes vor den Trümmern einer Wirklichkeit steht, in der das Militär keineswegs so heroisch handelt, wie er es immer geglaubt hat, das ist ganz großes Kino: Jones, ohnehin ein darstellerischer Minimalist, aus dessen Gesicht sich nur schwer etwas herauslesen lässt, spielt diesen alternden Mann, der sich in jedem Augenblick um Disziplin und Haltung bemüht, seiner Zeit aber nicht mehr gewachsen ist, mit unerhörter Ruhe und Würde. Am Ende wird er die Amerikafahne falsch herum hissen, was für ein Bild.

Jones räumt mit den Mythen des Westerns auf

Auch im finsteren Western „The Homesman“ (2014), den er zudem selbst inszeniert hat, räumt er mit den geliebten amerikanischen Mythen der glorreichen Eroberung des Westens auf. Er zerstört die genretypischen Klischees und beweist, dass er nicht nur ein exzellenter Schauspieler ist, sondern auch als Regisseur über erzählerische Qualitäten verfügt.

Die Coen-Brüder nutzten sein Potenzial für ihr Meisterwerk „No Country For Old Men“. In dieser Literaturverfilmung, in der einfach alles stimmt, spielt Tommy Lee Jones den alten Gesetzeshüter, der sich noch einmal aufrafft, einen monströsen Killer durch die staubige Landschaft zu jagen. Ein Mann, der alles erlebt hat, nichts Gutes mehr erwartet und dessen Erfahrung in jedem schleppenden Schritt, in jeder Handbewegung zu spüren ist – auch das ein preiswürdiger Auftritt.

Der coolste Agent im Einsatz gegen Außerirdische

Cool: Jones mit Will Smith als „Men in Black“.
Cool: Jones mit Will Smith als „Men in Black“. © HO | Columbia Pictures Industries

Dass Jones jeden Film ein bisschen besser macht, sieht man aber auch, wenn er in knallbunten Kassenschlagern wie „Batman Forever“, „Jason Bourne“, „Space Cowboys“ oder „Captain America“ mitmischt. Er bricht den Mainstream stets ein bisschen auf, schärft die Kanten, ehe alles zu glatt erscheint und überrascht mit trockenem Witz.

Und wer sich einen cooleren Agenten im Einsatz gegen außerirdische Nervensägen vorstellen kann, als Tommy Lee Jones in der „Men in Black“-Trilogie, der möge nun aufstehen. Oder für immer schweigen.

INFOS:

Tommy Lee Jones lebt als zweifacher Vater in dritter Ehe auf seiner Ranch in Texas. Er nutzte sein Anwesen 2005 als Kulisse für sein erstes Regieprojekt „Die drei Begräbnisse des Melquiades Estrada“.

Jones ist begeisterter Pferdezüchter und spielt Polo. An der Harvard-Universität, wo er zum Zimmergenossen und Freund des späteren Vizepräsidenten Al Gore wurde, schloss er einst sein Englischstudium mit Auszeichnung ab.