Moore verkörpert eine resolute Frau im besten Alter die durch den Alltag tanzt und beeindruckt auf der Leinwand in ihrer Rolle als Gloria

Seit ihrer Scheidung fühlt sich die Mittfünfzigerin Gloria Bell (Julianne Moore, Foto) nutzlos und einsam. Ihre Kinder sind erwachsen. Tochter Anne (Caren Pistorius) reist um die Welt und ihr Sohn Peter (Michael Cera) geht voll in der neuen Vaterrolle auf. Gloria bleibt zurück. Sie sucht Zerstreuung und Anschluss auf Tanzpartys für Sin­gles und trifft im Discoschimmer auf den geschiedenen Arnold (John Turturro). Zunächst scheint sie ein neues Glück gefunden zu haben. Arnold wirkt wie ein liebenswerter Mann, beide stellen keine Erwartungen an die Beziehung. Doch Arnold kann sich nicht lösen, ebenso wenig von seinen beiden Töchtern wie von seiner Ex-Frau. Immer wieder gibt es Anrufe. Gloria erfährt, dass Arnold nicht zu ihr steht und sie vor seiner Familie verheimlicht. Sie beginnt zu zweifeln, ob sie Arnolds Verhalten tolerieren muss oder eigenständig genug ist, auch alleine leben zu können.

Remakes haben in Hollywood eine lange Tradition. Angefangen bei den „Glorreichen Sieben“, John Sturges’ Neuinterpretation von Akira Kurosawas Meisterwerk „Die Sieben Samurai“, bis hin zu „Mein Bester und ich“, der den französischen Hit „Ziemlich beste Freunde“ in diesem Jahr erneut auf die Leinwand brachte – was einmal an der Kinokasse funktionierte, sollte auch anderswo den Nerv der Zuschauer treffen. Oftmals sind diese Neuverfilmungen aber nur ein weichgespülter Abklatsch des Originals und erreichen nur selten dessen Qualitäten. Die Chancen auf ein adäquates Remake sind zumindest größer, wenn sich ein Regisseur selbst der US-Adaption seines Werks widmet. Wenn er dann noch über eine so wundervolle Hauptdarstellerin wie Julianne Moore verfügt, kann eigentlich nichts schiefgehen.

Eine ganz eigene Interpretation

Mit seiner romantischen Komödie „Gloria“ gelang dem chilenischen Regisseur Sebastián Lelio 2013 der internationale Durchbruch. Der entwaffnend komische, enorm charmante Film gewann die Herzen der Zuschauer und den Silbernen Bären bei der Berlinale. Hauptdarstellerin Paulina Garcia beherrschte die Leinwand und es ist schwer, sich eine andere Schauspielerin in Glorias Haut vorzustellen. Doch Julianne Moore („Still Alice“) gelingt ihre ganz eigene Interpretation der resoluten Frau im besten Alter. Völlig uneitel und wunderbar weiblich spielt sie eine gereifte Frau, die – ihrer Rolle als Ehefrau und Mutter beraubt – zu sich selbst finden muss.

Einnehmende Darstellung

Zurückhaltend, mit wenigen Gesten und präzisen Regungen erzählt sie viel über Glorias Charakter – ohne allzu viele Worte. Die Oscarpreisträgerin beherrscht den Film, verleiht ihm Seele und nimmt den Zuschauer mit in den scheinbar unspektakulären Alltag einer einfachen Frau zwischen drögem Bürojob und schillerndem Tanzboden, der für Gloria das Leben bedeutet. Die Musik ist dabei zentrales Element des Originals ebenso wie der Neuverfilmung. Die Discoklassiker, die Gloria im Auto schmettert, bleiben noch lange im Ohr. Im Gedächtnis bleibt aber vor allem Moores einnehmende Darstellung.

USA 2018, 101 min, R: Sebastián Lelio, D: Julianne Moore, John Turturro, Caren Pistorius, Michael Cera, Brad Garrett FSK 0, Wertung: 4 von 5 Sterne