Berlin. . „Abikalypse“ ist eine solide und stellenweise ambitionierte Jugendkomödie. Dennoch überzeugt das Ergebnis nicht komplett.
„Abikalypse“ könnte wohl das T-Shirt-Motto eines jeden deutschen Abiturjahrgangs lauten – ein bisschen kindisch, ein bisschen lustig und halt irgendwas mit Abi. Hinter dem schmissigen Titel steckt allerdings kein sinnfreier Teenie-Party-Film nach amerikanischem Vorbild, sondern eine durchaus solide und stellenweise ambitionierte Jugendkomödie, die weit weniger auf Zoten setzt als man annehmen könnte. Weil die Figurenzeichnung aber mitunter ziemlich fahrlässig ausfällt und manche Klischees zu arg überstrapaziert werden, überzeugt das Ergebnis nicht komplett.
In oder Out?
Der Skriptautor Tim Gondi schrieb bereits an der zweiten Staffel der Streaming-Serie „You Are Wanted“ mit. Statt „Abikalypse“ könnte sein neues Drehbuch auch „You Are Not Wanted“ heißen, denn genau darum geht es: Um vier befreundete Außenseiter, die in der Schulzeit immer gemieden wurden und nie Anerkennung erhielten. Dabei wirken Musti, Hannah, Tom und Yannick viel sympathischer als ihre hirnrissigen Schulkameraden, mit denen sie soeben das Abitur bestanden haben. Vor allem der liebe Musti, der eigentlich durchfallen wollte, um nicht in die Fußstapfen seines Karrierevaters treten zu müssen, ärgert sich über die als unfair empfundene Ablehnung.
Die Abiparty retten
Zum Ende der Schullaufbahn will er auf den letzten Drücker die Absolution der Anderen erhalten und lässt sich dazu hinreißen, die ins Wasser gefallene Abiparty doch noch auf die Beine zu stellen – und zwar legendärer als jedes Schulfest davor. Hannah, Tom und Yannick ziehen notgedrungen mit, auch wenn sie eigene Sorgen haben. Die passionierte Gamerin Hannah ist in den Zauderer Tom verliebt, der sie aber eher als Kumpel sieht. Und der naive Yannick wird vom verlogenen Insta-Chick Leonie dreist an der Nase herumgeführt, ohne das zu kapieren.
Oberflächlich gut
Mit der Prämisse brockt sich der Film einen inneren Widerspruch ein. Einerseits wird die blinde Sucht nach Likes, Fame und Komplimenten im Film wiederholt als Nichtigkeit bloßgestellt, andererseits strebt Musti genau das an. Wenn ihn plötzlich alle umarmen, ist das der reinste Fake: Die Herzen fliegen ihm nicht zu, weil die Anderen ihn plötzlich zu schätzen wissen, sondern weil er Hüpfburgen, Musik und Alkohol klarmacht. Was dem Publikum hier am Ende als Erkenntnis verkauft wird, ist eigentlich eine Kinderfilmbotschaft: Steh zu dir selbst und schätze deine Freunde. Aber sei es drum, der Weg dahin ist durchaus unterhaltsam und lustig.
Gut aufgelegte Darsteller
Bisweilen bringt der Regisseur Adolfo J. Kolmerer unerwartet kreative Ideen ein, wenn etwa die Beklemmungen der Protagonisten in traumartigen Szenen aufgegriffen werden. Ein Plus sind auch die gut aufgelegten Darstellerinnen und Darsteller, die zwar teilweise sichtlich über das Abiturientenalter hinaus (und damit streng genommen fehlbesetzt) sind, aber gut miteinander harmonieren. Vor allem begeistert die junge Lea van Acken in ihrer Rolle als Hannah, bei der noch jeder Seitenblick etwas zu erzählen weiß.
D 2019, 99 Min., R: Adolfo J. Kolmerer, D: Reza Brojerdi, Lea van Acken, Lucas Reiber, Jerry Hoffmann, Lisa-Marie Koroll. FSK 12, Wertung: 3 von 5 Sternen FSK 12, Wertung: