Fast 30 Jahre nach „Nikita“ legt Luc Besson die Geschichte nochmal neu auf – mit Sasha Luss in der Hauptrolle als modebewusste Killerin
Mit toughen Akteurinnen kennt sich der Regisseur Luc Besson gut aus. Immerhin war seine „Nikita“ schon 1990 als Auftragskillerin aktiv und neben Ellen Ripley aus „Alien“ und Sarah Connor aus „Terminator“ eine der ersten einschlagenden Actionheldinnen der Popkultur. Seitdem inszenierte der Franzose unter anderem Milla Jovovich in „Das fünfte Element“ und Scarlett Johansson in „Lucy“ als schlagfertig-wehrhafte und nicht zuletzt erotische Kämpferinnen.
Dass Besson mit „Anna“ nun ein Projekt umgesetzt hat, dessen Parallelen zu früheren Arbeiten und insbesondere „Nikita“ allzu offensichtlich sind, ist ihm kaum zu verdenken. Immerhin dürfte dem Filmemacher noch der Schock über den Flop seiner Großproduktion „Valerian – Die Stadt der tausend Planeten“ in den Knochen stecken, ein unterhaltsamer und knalliger Weltraumtrip, den 2017 zu wenige sehen wollten. Doch leider wirkt „Anna“ trotz einiger raffinierter Szenen und der zupackenden Newcomerin Sasha Luss (im Bild) nur wie ein Abklatsch vormaliger Geniestreiche.
Eine Laufstegkillerin
Nahaufnahme
Die Filmographie von Luc Besson kennt Hochs wie „Im Rausch der Tiefe“ und Flops wie „Adèle und das Geheimnis des Pharaos“.
2018 wurde mit Luc Besson mit Missbrauchsvorwürfen konfrontiert, die ihm seitdem anhaften. Die französische Justiz stellte die Ermittlungen ein.
Die verwickelte Story beginnt 1990 und springt immer wieder zwischen der Handlungszeit und der Vergangenheit hin und her. Dabei kommt nach und nach ans Licht, dass die attraktive Anna ihrem tristen Leben in Moskau entfloh, um eine Model-Karriere in Paris zu starten. Parallel erhielt die Russin eine Ausbildung zur Profi-Killerin. Die luxuriöse Modewelt dient ihr als Fassade, um bezirzte Opfer im passenden Moment eiskalt hinzurichten.
Von der reizvollen Ausgangslage aus entwickelt der auch für das Drehbuch verantwortliche Luc Besson einen wendungsreichen Agentinnenthriller, bei dem unter anderem Helen Mirren als harte Geheimdienstchefin, Luke Evans als KGB- und Cillian Murphy als CIA-Agent mitmischen. Für Anna selbst geht es vor allem um ihre eigene Selbstbestimmung, die sie sich im wahrsten Wortsinn erkämpfen muss.
Routine-Action
Obwohl die Handlung immer wieder genretypische Haken schlägt und durch die unchronologische Erzählweise komplex erscheint, setzt „Anna“ keine inhaltlichen Ausrufezeichen. Der auf cool getrimmte Thriller stellt zwei wunderbar dynamische Actionszenen in den Mittelpunkt, um die herum ziemliche Leere herrscht. Die schiere Leinwandpräsenz der Titelheldin hält den Unterhaltungswert zwar immer hoch, kann aber nicht über alle Holprigkeiten hinwegtäuschen.
Akzeptiert man „Anna“ als den routinierten B-Actionfilm, der er vielleicht nicht sein will, kann man durchaus kurzweilige Freude daran haben. Schon die vielen Wechsel der Tonlagen putschen auf. Da ist es auch egal, dass die Story bisweilen konfus wirkt und die talentierten Mimen durch die Bank unterfordert bleiben. Die Ex-Balletttänzerin Sasha Luss passt jedenfalls perfekt in die Rolle als modebewusste Killerin: Wie Anna ihre Widersacher unter anderem mit zerbrochenen Tellern abräumt, ist sehenswert.
F/USA 2018, 119 Min., R: Luc Besson, D: Sasha Luss, Helen Mirren, Luke Evans, Cillian Murphy, Alexander Petrov, Lera Abova
FSK 16, Wertung: 3 von 5 Sternen