Berlin. . Der Kinderbuchklassiker fährt zurück nach Lummerland. „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ ist eine aufwendige Realverfilmung.
„Eine Insel mit zwei Bergen ...“ Die Musik dazu hat wohl fast jeder umgehend im Ohr – ganze Generationen haben die Marionettenspiele der Augsburger Puppenkiste geliebt. Die hatte nämlich Michael Endes Kinderbuchklassiker „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ in den 60er- und 70er-Jahren sogar gleich zweimal – in Schwarz-Weiß und in Farbe – für das TV produziert. Jim Knopf, Lukas, König Alfons der Viertel-vor-Zwölfte und ihr kleines Lummerland avancierten auf diese Weise zu Ikonen der Populärkultur.
Fortschritt der Tricktechnik
Im deutschen Kinder- und Jugendfilm kann man sich glücklich schätzen, dass die entsprechende Literatur so reich an Klassikern ist, viele wurden bereits in den 1950er- und 60er-Jahren geschrieben von berühmten Autoren wie Max Kruse, Otfried Preußler oder eben Michael Ende. Dass momentan ein wahrer Real-Verfilmungsboom der Bücher ausgebrochen ist, dürfte vor allem auf den Fortschritt der Tricktechnik zurückzuführen sein, die eine Interaktion von Schauspielern mit Fantasiefiguren immer realistischer wirken lässt. Die bisherigen Ergebnisse fielen künstlerisch recht unterschiedlich aus: Während man „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“ in einer „Modernisierung“ im letzten Jahr jeglichen Charme austrieb, konnte die vergleichsweise werkgetreue „Kleine Hexe“ (2018) kürzlich mit einer übermütigen und verspielten Karoline Herfurth punkten.
Auch die Neuverfilmung von „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ durch Regisseur Dennis Gansel hält sich ziemlich getreu an die literarische Vorlage, was die Mehrzahl der Fans – allein im deutschsprachigen Raum soll der Roman rund 20 Millionen Exemplare verkauft haben – zweifellos beruhigen wird.
Viel falsch macht der Film nicht. Auf der Suche nach seiner Herkunft zieht das pfiffige Findelkind Jim Knopf (Solomon Gordon) mit seinem Freund Lukas (Henning Baum) und der Lokomotive Emma in die Welt hinaus. Sie durchqueren die Wüste und das Tal der Dämmerung, treffen den Scheinriesen Tur Tur (Milan Peschel) und den Halbdrachen Nepomuk. Und als sie wieder zurückkehren, regiert auf Lummerland noch immer König Alfons der Viertel-vor-Zwölfte (Uwe Ochsenknecht). Auch Frau Waas (Annette Frier) und Herr Ärmel (Christoph Maria Herbst) sind noch vor Ort. Es ist alles da. Sogar die beliebte Titelmusik. Und doch fehlt etwas.
Ohne Charme der Beschränkung
Man wird das Gefühl nicht los, dass die Abenteuer von Jim und Lukas hier lediglich abgehakt werden: eine etwas hölzerne Handlungsbebilderung ohne großen Mehrwert. Vielleicht liegt es am Aufwand: Während die Marionettenspiele auch vom Charme der Beschränkung lebten (unvergessen genial sind die bewegten Plastikplanen als Meer) und damit die Fantasie anregten, wird in der für einen Kinderfilm außerordentlich teuren Neuverfilmung reichlich geklotzt. Es ist eine Binsenweisheit: Manchmal ist „mehr“ am Ende einfach weniger.