Essen. Ein Mann in einem Fledermauskostüm und ein psychopathischer Killer. "The Dark Knight" wird auch in Deutschland alle Rekorde brechen. Wirklich rechtfertigen kann der Film den Hype allerdings nicht.

Batman - The Dark Knight

Deutscher Kinostart: 21.08.2008

Regie: Christopher Nolan

Darsteller: Christian Bale, Michael Caine, Heath Ledger, Gary Oldman, Aaron Eckhart, Maggie Gyllenhaal, Morgan Freeman u.a.

Trailer

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Erstmals wirkt er nicht mehr wie das personifizierte Böse. Erstmals kann man sich entspannt in den Kinosessel zurücksinken lassen. Der Joker sitzt im Gefängnis. Seine Schminke ist verwischt, scheinbar desinteressiert hockt er im trüben Licht des Verhörraums. Hier scheint er nicht mehr ganz so bedrohlich, nicht mehr so unberechenbar wie in den vorangegangenen Minuten. Doch der Eindruck täuscht. "The Dark Knight" nimmt nach dieser Wendung noch einmal richtig Fahrt auf. Und der Joker erst recht.

"Manche Menschen wollen einfach zusehen, wie die Welt in Flammen aufgeht!"

The Dark Knight. © Warner Bros. Ent.
The Dark Knight. © Warner Bros. Ent.

Als er sich erstmals die Fledermausmaske überstülpte, wollte Bruce Wayne ein Zeichen setzen. Er wollte den Menschen von Gotham City als Vorbild dienen und irgendwann von der Bildfläche verschwinden. Doch so einfach gestalten sich die Dinge nicht. Denn der Kreuzzug des dunklen Ritters, der 2005 in "Batman Begins" seinen Anfang nahm, entwickelt sich zum Pyrrhussieg. Batman-Imitate streifen mit Maschinengewehren umher, sorgen für mehr Chaos als Ordnung. Und das organisierte Verbrechen antwortet mit harten Bandagen auf die Aktionen des Flattermanns. Polizisten und Zivilisten sterben wie Fliegen, als schließlich der psychopathische Joker auf der Bildfläche erscheint, um Gotham endgültig im Chaos versinken zu lassen.

"Entweder stirbt man als Held. . .oder man lebt so lange, bis man selbst zum Schurken wird."

Zweidimensional mögen die Zeichnungen in den bunten Comic-Heftchen sein, auf denen die Batman-Filmreihe beruht. Die Charaktere, die Regisseur Christopher Nolan in seinem zweiten Film über die Fledermausmann aufeinander treffen lässt, sind alles andere als flach. Es gibt nicht nur schwarz oder weiß, nicht nur gut oder böse. Jeder kämpft mit seinen inneren Dämonen.

Der Held und sein treuer Diener: Bruce Wayne (Christian Bale) und Alfred Pennyworth (Michael Caine). © Warner Bros. Ent.
Der Held und sein treuer Diener: Bruce Wayne (Christian Bale) und Alfred Pennyworth (Michael Caine). © Warner Bros. Ent.

Batman ist weit davon entfernt, ein strahlender Held zu sein. Er ist ein Mann mit einer undankbaren Mission. Blutige Wunden holt er sich regelmäßig beim Kampf gegen den kriminellen Abschaum der Großstadt. Und selbst bei seiner großen Liebe, der Rechtsanwältin Rachel Dawes, spielt er als Bruce Wayne nur die zweite Geige. Denn Rachel hat sich inzwischen in den Staatsanwalt Harvey Dent verliebt. Ein Mann, auf den Batman all seine Hoffnungen setzt. Auch Dent bekämpft das Verbrechen. Allerdings auf legalem Wege, ohne Maske. Er ist Batmans helles Spiegelbild. Der weiße Ritter. Doch, so viel sei verraten: Auch der Saubermann Harvey Dent wird im Laufe des Films sein zweites Gesicht zeigen.

"Für die bist nur ein Freak. Wie ich!"

Der Mann mit den zerschnittenen Mundwinkeln. © Warner Bros. Ent.
Der Mann mit den zerschnittenen Mundwinkeln. © Warner Bros. Ent.

Schon früh deutete sich an, dass "The Dark Knight" zu dem Kinoereignis des Jahres werden würde. Weil der Joker sich die Ehre gibt. Weil dieser von Heath Ledger gespielt wird. Und nicht zuletzt, weil Ledger im Anschluss an die Dreharbeiten durch eine Medikamenten-Überdosis starb. Und tatsächlich revolutioniert Ledger die Rolle des verrückten Clowns. Seine Joker-Interpretation hat mit der Darstellung von Jack Nicholson aus dem Jahre 1989 nichts gemein. Während Nicholson den Clownprinzen des Verbrechens überdreht und ironisch spielte, porträtiert ihn Ledger zeitgemäßer. Der Joker ist nicht länger lustig. Er ist ein Psychopath. Ein brutaler Killer, der sein Gesicht samt zerschnittener Mundwinkel mit Schminke überdeckt und laut schmatzend Terror und Chaos verbreitet. Ein Anarchist, der gegenüber Batman vorgibt, ein Krimineller ohne Konzept zu sein - dafür im Verlauf der 153 Minuten aber gleich mehrere kriminelle Meisterpläne in die Tat umsetzt. Schon jetzt wird Ledger, der hier in seiner vorletzten Rolle zu sehen ist, als Oscar-Kandidat gehandelt. Zurecht. Dagegen kann selbst Christian Bale nicht anspielen. Sein Bruce Wayne ist eher fad und uninteressant. Während sich "Batman Begins" voll auf den verstörten Milliardär konzentrierte, ist dieser in der Fortsetzung nur eine Randerscheinung. Bale ist meist im Kostüm zu sehen und klingt mit verstellter Stimme noch immer genauso lächerlich wie in "Batman Begins".

"Zaubern wir ein Lächeln in dieses Gesicht!"

Schritt für Schritt bauten sich mit jedem Internet-Ausschnitt und mit jeder Meldung um den Film die Erwartungshaltungen der Fans auf. In den USA brach "The Dark Knight" prompt sämtliche Rekorde. Bombastisch sind die Explosionen, düster und schnell geschnitten die Actionszenen, dynamisch die Verfolgungsjagden und unerwartet die Wendungen. Doch so ambivalent wie die Charaktere ist auch der Film selbst. Wirklich rechtfertigen kann "The Dark Knight" den großen Hype nicht, der um ihn gemacht wird. Insgesamt dauert er zu lange, fährt allerhand Pathos auf, um den Mangel an echtem Drama zu überpinseln. Auch der Handlung ist nicht immer leicht zu folgen, sie wirkt manchmal wie ein Legobausatz. Hier noch ein Teilchen dran, da eins weg – an einigen Stellen wirkt der Plot arg zusammengeschustert.

"Ich brauche einen neuen Anzug. Dabei geht es nicht um Mode, sondern um Funktionalität."

The Dark Knight. © Warner Bros. Ent.
The Dark Knight. © Warner Bros. Ent.

Einen weiteren faden Beigeschmack hinterlässt Batmans Einfallsreichtum. Nolan war angetreten, um Batman zum realistischsten Superhelden des Kinos zu machen. Stattdessen endete schon "Batman Begins" mit einem abstrusen Finale um einen gemeingefährlichen Wasserverdampfer. Diesmal lässt sich Batman in Hong Kong (ja, selbst da sind die bösen Buben vor ihm nicht sicher) von einem Flugzeug aus einem Hochhaus retten und triumphiert im großen Finale dank eines Supersonars. Da dürfte selbst James Bond neidisch werden.

"Ganz einfach: Tötet Batman!"

Mit der Darstellung durch Heath Ledger wird sich der Joker wohl endgültig als einer der größten Filmbösewichte aller Zeiten etablieren und auch "The Dark Knight" wird in Deutschland wohl alle Rekorde brechen. Doch bleibt Nolans zweiter Ausflug in die Welt des dunklen Ritters trotz aller Bemühungen nur ein höherklassiger Actionfilm im Gewand eines Psychodramas. Nicht weniger – aber auch nicht mehr.

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