Eine “Welt voller Angst“ und “Erinnerungen an den 11. September“ verspricht die Hackergruppe “Guardians of Peace“. Alles nur wegen einer reichlich simplen Komödie, in der ein Diktator sterben soll: “The Interview“. Irgendjemanden erzürnen Seth Rogen, James Franco und Regisseur Evan Goldberg. Nun könnte für den Film das Aus kommen.

Seth Rogen (32) und James Franco (36) sind ein bewährtes Blödel-Gespann. Ein paar erfolgreiche Filme - von "Pineapple Express" bis "Das ist das Ende" - haben sie zusammen schon auf die Leinwand gebracht. Mit einem simplen Rezept: Heilig ist den beiden nichts. Nicht die Political Correctness, nicht die eigene Würde und schon gar nicht irgendeine Form von Niveau. So weit, so schräg. Die größten Schlagzeilen ihres Lebens machen Rogen, Franco und Regisseur Evan Goldberg (32) aber gerade mit ihrem neuesten Streich. Mit der Komödie "The Interview".

Denn der Hackergruppe "Guardians of Peace" ist offenbar etwas sehr heilig, das Rogen und Franco in dem Film veralbern. Vielleicht Nordkoreas Diktator Kim Jong Un. Sie hat den digitalen - und neuerdings offenbar auch analogen - Kampf gegen den Streifen ausgerufen. Die resultierenden Schlagzeilen sind enorm groß. So groß, dass sogar die alte PR-Faustregel, der zufolge jede Form von Berichterstattung gute Berichterstattung ist, aus den Angeln gehoben scheint. Sony Pictures versinkt in einem Strudel aus peinlichsten geleakten E-Mails und der finanziellen Gram über vorab ins Netz gestellte Filme.

Wirklich zu Ende war für die Macher scheinbar der Spaß, als die Hacker am Dienstagabend deutscher Zeit eine sehr reale Terror-Drohung aussprachen: "Bald wird die Welt sehen, was für einen furchtbaren Film Sony Pictures Entertainment gemacht hat", schrieben die in einer Nachricht. "Die Welt wird voller Angst sein. Erinnert euch an den 11. September 2001". Verängstigte Kinobesucher sind wahrlich keine gute Werbung - wie "Wall Street Journal"-Journalist Matt Murray twitterte, denkt Sony nun erstmals darüber nach, kleinbeizugeben und den Film zurückziehen. Eine US-Kinokette habe die Vorführungen bereits abgesagt, berichtet "The Hollywood Reporter". Am 25. Dezember hätte er in den USA in die Kinos kommen sollen - ein "Weihnachtsgeschenk" hatten die Hacker angekündigt.


Eine Komödie als "Kriegshandlung"


Das Ganze ist eine reichlich bemerkenswerte Geschichte: Einerseits, weil mit Hilfe einer Mischung aus ordentlichen Fähigkeiten beim digitalen Unruhestiften und markigen Worten ein ganz reales Filmprojekt ins Wanken gebracht wird - trotz eines Filmriesen im Rücken. Andererseits, weil ein Werk wie "The Interview" der Auslöser ist. Der Film handelt von zwei Journalisten, die den nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un interviewen sollen - und vom CIA angeworben werden, um den Despoten zu ermorden. Er ist vor allem, da sind sich die Rezensenten einig, eine wilde Aneinanderreihung ziemlich wüster Zoten: "So lustig wie kommunistische Lebensmittelknappheit und auch ungefähr so langwierig", findet "Variety" den Film.

Der erste Verdacht fällt nun also auf Nordkorea. Immerhin hatte das Land im Juli selbst bei der UN Beschwerde gegen den Film eingelegt. Der Streifen sei eine "Kriegshandlung" und "Unterstützung des Terrorismus", polterte Nordkoreas UN-Botschafter Ja Song-nam. Zuvor hatte man schon eine "entschiedene und erbarmungslose Reaktion" auf einen möglichen Release des Films angekündigt. Etwas fraglich scheint allerdings auch, wie viele versierte Hacker es in dem bitterarmen Land gibt. Oder auf welchem Wege sonst Computercracks mit schlechten Englischkenntnissen - die "Bekennerschreiben" der "Guardians of Peace" sind gespickt mit grammatikalischen Fehlern - angeworben worden sein sollen.

So oder so: "The Interview" ist ein ziemlich nichtiger Anlass für einen richtig großen Wirbel. Denn Rogen und Franco ist in dem Film immerhin gleichmäßig wenig heilig: Neben dem Niveau der Witze und Kim Jong Un beispielsweise auch nicht das amerikanische Heiligtum CIA - das zwei überdrehte bis schwer inkompetente Journalisten für einen hochriskanten Agentenjob anheuert. Also: Alles nur Spaß. Und dabei sollte es nun wenigstens außerhalb des Netzes auch bleiben. Charles Rahi Chun, der im Film Kim Jong Un mimt, sagte "Fox News" am Dienstag, er persönlich habe keine Drohungen erhalten und fürchte auch keine solchen. Es wäre wünschenswert, dass er mit seiner Einschätzung Recht behält.