Essen. . In der britischen Familienkomödie “Ein Schotte macht noch keinen Sommer“ soll der 75. Geburtstag von Großvater Gordy (Billy Conolly) im Kreise der Familie gefeiert werden. Doch der alte Grantler hat dazu keine Lust, schnappt sich seine Enkel und fährt kurzerhand an seinen Lieblingsstrand.
Es gibt Filmtitel, die klingen dümmer als es das Kino erlauben sollte. Aber dann wiederum stellt der deutsche Titel „Ein Schotte macht noch keinen Sommer“ zielsicher die richtigen Weichen, um Erwartungen auf unbeschwerte, aber keineswegs leichtfertige Komödienunterhaltung zu einem Film zu lenken, der genau das leistet; und zwar vor den prächtigen Kulissen der schottischen Küstenlandschaft.
Gordy McLeod ist krebskrank im finalen Stadium, was kein Grund zum Feiern ist. Aber er wird 75 und deshalb hat sein ältester Sohn Gavin ein gewaltiges Familientreffen als Geburtstagsfeier anberaumt. Aus London reist Gordys jüngerer Sohn Doug (David Tennant, der ein solider, aber kein mitreißender Akteur ist) an, der mit seiner Frau Abi drei Kinder hat, seit einiger Zeit aber auch schon von Abi getrennt lebt. Die Kinder wissen das längst.
Dieser Film sieht deutsch aus
Doug fühlt sich überrumpelt, dass Abi mit den Kindern demnächst wegen eines Jobangebots nach Newcastle übersiedeln will. Auch am Ziel ist die Stimmung gereizt, weil Doug und Gavin nicht sonderlich gut miteinander können. Die Kinder fahren zur Erholung mit Grandpa Gordy zum Strand. Es ist ein schöner Tag – und dann liegt Gordy plötzlich tot im Sand und bekommt noch an Ort und Stelle ein Wikingerbegräbnis.
Es gibt Filme, die eine besondere Herausforderung darstellen, weil sie sich als Wechselbad aus sehr schlechten und sehr guten Aspekten präsentieren. Konkret heißt das hier, dass dieser Film lausig fotografiert ist. Die Bildausschnitte bedienen mit halbtotalen und halbnahen Einstellungen TV-Sehgewohnheiten, die Ausleuchtung ist mangelhaft, die Blende entweder zu weit oder zu wenig geöffnet, weshalb die Kontraste im Gegenlicht stets übersteuert sind und kräftige Farben Seltenheitswert besitzen. Dieser britische Film negiert die Bedürfnisse einer Großbildleinwand; er sieht deutsch aus.
Hippie-Lässigkeit und ungebremste Genusssucht
Die Stärken des Films liegen weniger von Seiten des Drehbuchs in Charakterzeichnung und Dialogführung, von Seiten der Regie in der Besetzung und Inszenierung der Schauspieler. Billy Connolly (Gordy) vereint die Spät-Hippie-Lässigkeit eines David
Crosby mit der ungebremsten Genusssucht eines George Best. Er schielt auf das straffe Hinterteil der unangestrengten Rosamund Pike (Abi), was unverfroren, aber gerechtfertigt und in der Situation sehr witzig ist; vor allem aber korrespondiert er sensationell mit den drei Kindern. Die bewegen sich im Alter zwischen vier und zehn und zeichnen sich dadurch aus, dass die Jüngste einen Stein namens Norman als besten Freund mit sich führt, der Junge sich nicht nur in Wikingerkunde auskennt, sondern auch konsequent danach handelt, und das ältere Mädchen jeden Satz der Eltern in ein Tagebuch schreibt. Der Strandausflug der Enkel mit dem Großvater ist der Höhepunkt des Films, gespickt mit erfrischend unverkrampften Wortgefechten und Lebensweisheiten und ausgestaltet als ein unvergessliches Abenteuer – zugegeben mit herausforderndem Abschluss.
Der Film danach dient zuvorderst der Familienzusammenführung, bietet aber immerhin genug pfiffige Ideen auf, dass die zuvor so glänzend bediente Freude am Makabren immer wieder aufsprudeln darf. Die Mischung aus Heiterkeit und Besinnlichem, hier geht sie auf. Man darf lachen und muss zu keiner Zeit Krokodilstränen verdrücken. Für einen Sommerfilm im November ist das eine starke Empfehlung.
Wertung: 4 von 5 Sternen