Die kalifornische Band tourt aktuell durch Europa. Mit ihrem Retro-Sound beweist das Quartett, dass gute Rockmusik auch heute noch funktioniert.
Wer nur ein Lied der Rival Sons hört, ist sich sicher: Da spielt eine waschechte Rock’n’Roll-Band aus den 60er-, vielleicht auch 70er-Jahren. Aber mit Sänger Jay Buchanan, Bassist Dave Beste, Gitarrist Scott Holiday und Schlagzeuger Michael Miley stehen nicht etwa grauhaarige Altrocker auf der Bühne, sondern moderne Musiker, die sich mit Leib und Seele dem Classic Rock verschrieben haben. Retro-Sound, der im positivsten Sinne nach Gestern klingt, ist das. Maxi Strauch hat mit Drummer Miley über große Vorbilder und ein aussterbendes Genre gesprochen.
Die Musik der Rival Sons erinnert an die großen Hits der 60er- und 70er-Jahre. Allein Ihr Drum-Spiel hat diesen ganz speziellen Sound. Wie kam es dazu?
Michael Miley: Ich bin mit all den großen Hits aufgewachsen. Ich stimme auch mein Schlagzeug auf eine ganz bestimmte Art und Weise, die den Jazz-Schlagzeugern der 50er- und 60er-Jahre entspricht, die auch John Bonham, Charlie Roth, Keith Moon, Ginger Baker und Ringo Starr beeinflusst haben. Damals hörten sich die Drums noch an wie Drums. Das hilft, diesen Sound, dieses Gefühl dafür zu bekommen. So ist es auch, wenn du unsere Songs hörst. Wir benutzen Ausrüstungen und Instrumente wie die Musiker in den 50er- und 60er-Jahren.
Die Band wird oft mit Rockstars wie Led Zeppelin verglichen. Fluch oder Segen?
Es ist ein Segen. Led Zeppelin sind eine der größten Rockbands aller Zeiten. Wir versuchen nicht, sie um jeden Preis zu imitieren, ihren Sound zu kopieren, die gleichen Riffs zu verwenden. Jay kommt mit einer Akustik-Gitarre und singt eine einfache Melodie – und es verwandelt sich nach und nach in einen Rival-Sons-Song. Wir kommen aus der handwerklichen Richtung des Songschreibens. Wir sind alle aufgewachsen mit Idolen wie Jimmy Hendrix, The Who, Cream, Rolling Stones, Beatles. Ich will nicht lügen, es gibt natürlich ein paar Rival-Sons-Songs, die ein gewisses Echo haben. Es ist aber nichts, wonach wir streben. Wir versuchen keine Riffs zu klauen, wir versuchen einfach, gute Songs zu schreiben.
Sieht man Rival Sons auf der Bühne, scheinen dort vier komplett verschiedene Charaktere zu stehen – der Sound ist aber absolut harmonisch. Wie haben Sie sich gefunden?
Ich habe Jay getroffen als ich noch in einer anderen Band namens Bird 3 war und Jay hatte seine eigene Solo-Band. Wir waren beide in der Long-Beach-California-Musikszene unterwegs. Wir wurden Freunde und ich habe noch scherzhaft zu ihm gesagt „Hey, irgendwann spielen wir zusammen in einer eigenen Band“. Und dann hat Jay angerufen und gefragt, ob ich mit ihnen spielen will. Also war ich ein Jahr lang in seiner Band. Ein Jahr später hat mich der ehemalige Bassist von Bird 3 mit Scott Holiday bekannt gemacht. Dave Beste war zu der Zeit in der selben Szene unterwegs. Wir vier hatten also alle unseren eigenen Kosmos, aber waren in einer Szene und wir haben uns immer wieder getroffen. Das Ganze erinnert an die 60er-Jahre Musikszene in London — nur das wir nicht sofort berühmt geworden sind. (lacht)
Mittlerweile eröffnen Sie Konzerte für legendäre Bands wie die Rolling Stones oder Black Sabbath. Wie kam es dazu?
Wir haben einen guten Agenten (lacht). Wir haben damals 2011 eine Platte bei einem britischen Plattenlabel herausgebracht. Und unser europäischer Agent ist sehr bestrebt darin, uns mit anderen Bands in Verbindung zu bringen. Und diese legendären Bands touren halt alle noch. Gene Simmons sagt „Rock’n’Roll ist tot“. Und trotzdem, oder gerade deshalb, zahlen Leute noch eine Menge Geld dafür, Bands wie die Stones, Led Zeppelin, Deep Purple oder Kiss live zu sehen.
Was hat diese Bands so unvergesslich gemacht?
Sie hatten geniale Rocksongs und große Hits, in einer Zeit, in der Rock noch im Radio lief. Und in einer Zeit, in der Radio eines der einzigen Medien war. Heutzutage ist alles sehr multimedial und Rockmusik ist im Sinkflug. Vor allem weil die Musikbranche mehr und mehr Popmusik, Hip-Hop und Country-Musik in Amerika promotet. In den Genres steckt sehr viel Geld und Rockmusik muss immer mehr zurückstecken.
Hat Rockmusik, vor allem Classic Rock, noch einen Platz in der heutigen Musikwelt?
Wir üben weiter Druck aus und wir arbeiten an unserem Platz in der Geschichte der Rockmusik. Wir geben unser Bestes. Wir haben gerade bei Atlantic Records unterschrieben und arbeiten an unserem neuen Album, das vermutlich im September erscheint. Unser erstes Album bei einem großen Label. Für viele Leute sind wir eine neue Band, die sie jetzt erst kennenlernen. Rockmusiker müssen wieder lernen, gute Songs zu schreiben, sie müssen wieder Verantwortung übernehmen. Sie müssen wieder Songs schreiben wie „She Loves You“, „All Along The Watchtower“ „Sunshine Of Your Love“ ...
Und das machen Rival Sons?
Ich sehe die Verantwortung eben bei uns jungen Leuten, Rock’n’Roll am Leben zu erhalten und zu lernen, wieder Lieder zu schreiben. Und das ist das, was wir als Rival Sons versuchen. Ein Album machen ist wie die Arbeit von Michelangelo. Die Skulptur ist irgendwo im Stein, man muss sie nur herausmeißeln. Und so ist es auch mit unserem Album. Gute Lieder schreiben ist der Schlüssel zur Rückkehr des Rock’n’Roll.
Ebenfalls eine Gemeinsamkeit mit alten Rockbands: Sie schreiben und produzieren Ihre Alben in wenigen Wochen ...
Ja, wir machen einen Song pro Tag. Der Prozess sieht so aus: Wir gehen ins Studio, Scott hat vielleicht ein Riff im Kopf und dann fange ich an, dazu zu spielen. Jay setzt sich an die Lyriks und mit etwas Glück haben wir am Ende des Tages ein Lied fertig. Das gibt den Liedern eine Art rauen Spirit. Viele Songs heutzutage sind zu überdacht, zu überproduziert. Alle Bands, die wir lieben, aus den 50ern, 60ern und 70ern haben ihre Alben in wenigen Wochen aufgenommen. Und erst, als die ersten Bands einen Multimillionen-Dollar-Deal bekamen, ging es für zwei Jahre ins Studio, um im Endeffekt nur neun Songs zu produzieren. Wir bügeln keine Fehler aus, wir lassen sie im Song. Das macht den menschlichen Aspekt der Rival-Sons-Musik aus.
Was dürfen wir vom neuen Album erwarten?
Hoffentlich ein paar gute Lieder. (lacht)
>>> Informationen: Rival Sons, 19.06., Matrix, Hauptstr. 200, Bochum. Karten gibt's für 32,90 €.