Berlin. . Die Alternative-Rockband um Schauspieler Jared Lato, veröffentlichen mit „America“ ein neues Album und will zudem Statements setzen.

Jared Leto hat in seinem Leben schon viele gute Entscheidungen getroffen. Immer wieder lag er seit Beginn seiner Schauspielerkarriere in den frühen 1990er-Jahren intuitiv richtig mit der Wahl der Rollen. Sei es als Mädchenschwarm Jordan Catalano mit Hundeblick und Grunge-Look in der US-Teenie-Serie „Willkommen im Leben“, sei es – weitaus anspruchsvoller – als Junkie in dem Drogen-Drama „Requiem for a Dream“ oder als Transsexueller in „Dallas Buyers Club“, wofür er sogar einen Oscar bekam.

Keine Frage also, Jared Leto ist ein wirklich guter Schauspieler. Er ist möglicherweise auch ein wirklich guter Musiker. Leider geht es seiner Band Thirty Seconds to Mars eigentlich längst nicht mehr nur um die Musik.

Hang zum Dramatischen

Gegründet hat Leto die Band mit seinem älteren Bruder Shannon Ende der 90er-Jahre. Das Debütalbum erschien 2002 und bestand aus recht klar konturiertem, melodischem Emo-Rock mit progressiven Elementen. Der Hang zum Dramatischen war schon erkennbar, kaum ein Song, auf dem Leto sich nicht die Seele aus dem Leib schrie. Erhört haben ihn damals nur wenige. Das Album hatte kaum kommerziellen Erfolg. Unbefriedigend für einen, der den Hollywood-Fame gewohnt ist.

Musikalischer Action-Blockbuster

Zeitsprung ins Jahr 2018: Mit „America“ veröffentlichen Thirty Seconds to Mars ihr fünftes Album. Sie sind internationale Superstars. Für die Kinoleinwand hat Jared ­Leto kaum noch Zeit, stattdessen steht er im regenbogenfarbenen Poncho mit Jesus-Bart auf der Bühne und verausgabt sich. Seine Stimme (über-)strapaziert er immer noch gerne, sonst hat die Musik nichts mehr mit der von früher gemein. Thirty Seconds to Mars (TSTM) sind über die Jahre zu einem musikalischen Action-Blockbuster geworden. Als Beweis dafür schickten sie vor Monaten die Vorab-Single „Walk On Water“ in den Äther. Elektronische Beats geben auf den meisten der zwölf Songs den Rhythmus vor, Computereffekte liegen auf jedem Wort, Echos und Chöre blasen die eh schon hymnisch angelegten Kompositionen zusätzlich auf. Die Songs beben beinahe vor Theatralik.

Neues Album „America“.
Neues Album „America“. © FUNKE

Einen ähnlichen Weg schlugen vor Jahren schon Bands wie Linkin Park oder Muse ein. Pop, Electro, (T)Rap – Hauptsache weg von der ollen Gitarrenmusik, denn damit stürmt man aktuell keine Charts. Dass man Songs auch zu seelenlosen Ungetümen überproduzieren kann – na und? Die Seele, das sind sowieso die Fans. Und die sollen immer kräftig mitmachen – soweit haben TSTM die interaktive Social-Media-Kultur verinnerlicht. Handyvideos, Instagram-Bilder und Hashtag-Kampagnen begleiten jede neue Veröffentlichung. Inszenierung ist alles, das weiß man als Schauspieler natürlich. Und so sollen die Fans diesmal unter #What­AmericaMeansToMe ihre Gedanken und Gefühle mitteilen. Eine niedliche Insta-Idee. Sie kommt zur richtigen Zeit, wo doch die US-amerikanische Jugend gerade dabei ist, gegen die Regierung aufzubegehren. Ob Thirty Seconds to Mars aber tatsächlich etwas Gehaltvolles zur Diskussion beitragen können? Gemessen an dem am häufigsten verwendeten Wort auf dem Album lautet Jared Letos Meinung zu Amerika nämlich: „Ooh-o-ooh“.