berlin. . Den Schlemmer-Brunch bis in den Nachmittag hinein zu zelebrieren, entschleunigt. Es geht zurück zum Trend der globalen Teller-Kultur.
Für unsere Vorfahren war das erste Essen am Morgen oft nicht mehr als ein trockenes Stück Brot. Das kann man sich heute kaum mehr vorstellen angesichts der lukullischen Vielfalt an Frühstücksangeboten. Kulinarisch erhält die Mahlzeit große Aufmerksamkeit, in vielen Städten hat sich eine wahre Gourmetszene rund um das Thema entwickelt. Neben der klassischen Variante mit Kaffee, Brötchen, Marmelade und Ei rücken zunehmend internationale Kreationen in den Mittelpunkt. Pancakes, Eggs Benedict, Avocado-Toast – die globale Frühstückskultur hält Einzug auf unseren Teller.
Kokosnuss und Sashimi
Das hat auch Philipp Ferber beobachtet, Küchenchef der Brasserie „1806“ im Düsseldorfer Breidenbacher Hof: „Unser Sortiment für das Frühstücksbuffet hat sich extrem vergrößert“, sagt der Spitzenkoch. Seine Gäste haben die Auswahl unter 150 verschiedenen Positionen, darunter auch frische Kokosnuss, Kaktusfeigen und Sushi. Gesundes Essen und vegetarische Angebote werden verstärkt nachgefragt, berichtet Alexander Fries, Executive Chef im Steigenberger Grandhotel Petersberg in Königswinter. Für die meisten Gäste gehören zu einem Frühstück aber immer noch süße Schlemmereien wie Croissants, Plunder und Marmeladen dazu.
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Japan
Eine warme Misosuppe mit Tofu und Algen gibt Kraft für den Tag. Häufig wird im Land der aufgehenden Sonne dazu noch Fisch gereicht – getrocknet oder roh.
Schweiz
Über Nacht eingeweichte Haferflocken, etwas Zitronensaft, dazu ein geriebener Apfel –das ist seit über hundert Jahren das Grundrezept für das klassische Birchermüesli. Wer will, verfeinert es mit frischen Beeren und Nüssen.
Costa Rica
Gallo Pinto heißt das Nationalgericht der Mittelamerikaner, das traditionell auch zum Frühstück serviert wird. Es besteht aus schwarzen Bohnen, Reis und gebratener Kochbanane.
Thailand
Bevorzugte Wahl der Thailänder für den Start in den Tag: Reissuppe, wahlweise angereichert mit Garnelen oder Schweinefleisch.
Israel
Hier gibt es das wohl schärfste Frühstück der Welt: Schakschuka, ein mit Chilis gewürztes Tomaten-Eier-Gericht (siehe Rezept), serviert mit Oliven.
Portugal
Die Südländer nehmen sich eher wenig Zeit für die Morgenmahlzeit. Ein mit Pudding gefülltes Törtchen aus Blätterteig – Pastéis de Nata – und ein Milchkaffee reichen aus.
Nicht von ungefähr spricht die österreichische Ernährungswissenschaftlerin Hanni Rützler von einer neuen Frühstückskultur. Das Frühstück wandelt sich, und zwar nicht nur, was Angebot und Auswahl anbelangt, schreibt sie in ihrem Food Report 2018. „Es überschreitet auch leichtfüßig die Grenze zum Lunch.“
Vorgemacht haben das die Briten mit ihrer fabelhaften Erfindung, zwei Mahlzeiten zu mischen. Der Brunch (Breakfast plus Lunch), also das ausgedehnte, späte Frühstück, das immer auch Komponenten eines Mittagessens enthält, erfreut sich seit Jahrzehnten großer Beliebtheit. Inzwischen auch bei all den Zeitgenossen, denen All-you-can-eat-Schlachten am Buffet und stundenlang im Warmhaltebehälter gelagerte Speisen eher zuwider sind: Heute bieten viele Restaurants individuelle Variationen an, die frisch zubereitet auf den Tisch kommen.
Informelle Atmosphäre
Die Vorteile des Brunchs, ob auswärts oder zu Hause, liegen auf der Hand: Man muss sich kein festes Essen teilen, sondern probiert genau das, was einem zusagt; zudem ist die Atmosphäre zwangloser als bei gesetzten Mittagessen. Es ist wohl kein Zufall, dass in unserer Gesellschaft ausgerechnet die Mahlzeit, die unter der Woche aus Termingründen oft wegfällt, an anderen Tagen genussvoll bis in den Nachmittag zelebriert wird. „Ein ausgedehntes Frühstück mit Familie und Freunden ist heute ein Luxus, den sich viele nur am Wochenende gönnen können“, sagt Chefkoch Philipp Ferber. Insofern hat das neue Frühstück auch soziale Aspekte: Es entspannt und entschleunigt – nicht nur an Ostern.