Comedy-Großmeister Kaya Yanar ist zurück mit seinem neuen Programm „Ausrasten für Anfänger“. Ein Interview über die Ärgernisse dieses Lebens.
Dieser Comedian nimmt Nationalitäten auf die Schippe. Kaya Yanar ist Ranjid und auch Hakan, vor allem ist er der „Was guckst du?“-Typ. Und in seinem neuen Programm spielt er einfach sich selbst. Elena Boroda sprach mit dem Komiker über Klischees, was ihm Ärger bereitet und das Ausrasten an sich.
Ihr neues Bühnenprogramm heißt „Ausrasten für Anfänger“: Braucht der Deutsche eine Anleitung zum Ausrasten?
Ausrasten ist kein spezifisch deutsches Problem. Menschen regen sich über vieles auf. Teilweise zurecht, teilweise nicht. Die Frage ist: Wie geht man mit dem eigenen Ärger um? Lass ich den raus oder behalte ich ihn? Und wenn ich ihn rauslasse, wie mache ich das? Ich mach‘s mit Comedy. So lohnt es sich wenigstens, verärgert zu sein – wenn jemand anderes darüber lachen kann.
Was bereitet Ihnen Ärger, Herr Yanar?
Es gibt den Ärger darüber, im Stau zu stehen – und dann diesen tiefsitzenden Ärger, der aus der Kindheit kommt. Ich ärgere mich über meinen Vater, der Probleme schuf und selbst nicht lösen konnte. Uns Kindern hat er kein Türkisch beigebracht, und wenn wir dann sein gebrochenes Deutsch nicht verstanden, wurde er sauer! Ich durfte selber kein Hessisch zuhause sprechen. „Du sprichst Deutsch anständig!“ – „Sagt der Richtige!“ Mit Comedy kann ich heute darüber lachen.
Was macht das Programm „Ausrasten für Anfänger“ aus?
Das ist ein persönliches Programm und unterscheidet sich im Charakter von den acht Bühnenprogrammen davor. In „Made in Germany“ ging es um meine Entwicklung vom Gastarbeiterkind zum Comedy-Star. Das war 2008. Ich will wissen: „Bin ich bekloppt oder ist die Welt bekloppt?“ Und das mache ich unterhaltend. Wir alle hassen es, zum Beispiel, Rechnungen zu bezahlen. Statt uns zu ärgern, können wir auch lachen. Ich bin ja kein Psychologe, sondern Comedian. Und günstiger als ein Psychotherapeut bin ich auch.
Haben Ranjid und Hakan, die Sie selbst als „Lieblingsfiguren“ bezeichnen, einen Auftritt?
Ich schlüpfe in diesem Programm immer wieder in Figuren, auch in Hakan und Ranjid. Ich verkleide mich dafür aber nicht. Das ist eine Sache fürs Fernsehen und auf der Bühne finde ich es altbacken.
Was ist schwieriger: Als Kaya Yanar auf der Bühne zu stehen oder erfundene Figuren wie Ranjid zu spielen?
Sich hinter Figuren zu verstecken, ist einfacher. Sich als Stand-up-Comedian hinzustellen, nach dem Motto „Das bin ich. Das sind meine Gags“, dafür braucht man Mut und ein übersteigertes Ego.
Woher kommt die Idee für dieses Programm?
Von meiner Freundin. Vor zwei Monaten habe ich fast einen überfahren, einen „Smombie“, der gerade über den Zebra-Streifen lief. Das ist jemand, der nur aufs Handy starrt und nichts anderes mitbekommt. Ich machte eine Vollbremsung. „Was kann so wichtig im Handy sein, dass du dein Leben gefährdest? Ich bin dafür, dass man ,Smombies’ straffrei überfahren darf“, ärgerte ich mich. Meine Freundin, die neben mir saß, lachte und sagte mir: „Du rastest so häufig aus. Mach‘ doch ein Programm darüber.“ Und das stimmt: Ich ticke häufig aus, bin dann sehr kreativ mit Beleidigungen oder Sprüchen.
Kaya Yanar auf Tour – die Infos
22.2. Mülheim (Stadthalle), 2.3. Essen (Grugahalle),
3.3. Hamm (Westpress Arena), 7.4. Oberhausen (L.-A.-Halle), 15.4. Hagen (Stadthalle),
2.11. Düsseldorf (M.-E.-Halle), 3.11. Dortmund (Westfallenh.), 30.11. Siegen (Siegerlandhalle).
Karten ab 19,40 € gibt’s in unseren LeserLäden, unter 0201 / 804 60 60 sowie unter www.ruhrticket.de .
Ihre Comedy lebt vom Klischee. Ist das nicht simpel?
Klischees gibt es nicht ohne Grund. Ich würde sie aber nie dazu nutzen, Entscheidungen oder Beurteilungen über andere Menschen zu treffen. Ich nutze diese, um Comedy zu machen. Wenn man sich Klischees bewusst macht, dann entkräftet man diese und emanzipiert sich davon. Das hat etwas Therapeutisches.
Rasten die Deutschen gerne aus?
Jedes Volk rastet auf seine eigene Weise aus. In Deutschland ist man „empört“. Hier explodiert man verbal. Bei meinen Landsleuten, den Türken, werden Menschen auch mal handgreiflich. Ein Schweizer rastet so aus: „Jetzt haut es mir den Nucki usse!“, zu Deutsch: Da haut es mir den Schnuller raus!
Spielt Multikulti noch eine Rolle in Ihrem aktuellen Programm?
Multikulti wird immer ein Thema für mich bleiben, weil ich es liebe, verschiedene Kulturen, verschiedene Sprachen zu persiflieren. Derzeit ist es aber nicht mein Hautpthema. Als Künstler will ich auch Abwechslung bieten. Ich finde, es ist ein gelungenes Zeichen von Integration, wenn man nicht immer die eigene Herkunft für Gags nimmt.
Sie haben kürzlich auf Facebook ein Foto mit einem siebenjährigen Fan gepostet. Der Junge hat Ihnen einen „Was guckst du?“-Anhänger geschenkt. Sie sind also immer noch der „Was guckst du?“-Typ?
Bemerkenswert, dass jemand meine „Was guckst du?“-Sendung toll findet, der noch nicht geboren war, als die Sendung lief. Wenn das eigene Schaffen zum Klassiker wird und in 40 Jahren ein anderer Siebenjähriger mich mit „Was guckst du?“ anspricht, ist das großartig. Ich habe die Show unglaublich gerne gemacht.