Essen. . Nach einem Gerichtsentscheid hat RTL die Sendungen Stern TV und Spiegel TV vorläufig aus dem Programm gestrichen. Die Zwangspause wird noch etwas dauern. Zuschauer zeigen sich entsetzt: “Jetzt ist das Rest-Niveau also auch weg“. Für RTL jedoch geht es kaum um Kritik an den Sendungen.

Wer am Sonntag auf RTL "Spiegel TV" sehen wollte, bekam einen Actionfilm gezeigt. Wer sich Mittwoch auf "Stern TV" freut, wird statt dessen die britische Real-Life-Doku "Generation Luxus" sehen: Nach einem Gerichtsentscheid hat RTL jüngst Sendungen wie Stern- und Spiegel TV aus dem Programm gestrichen. Bis auf weiteres.

Viele Zuschauer nehmen das übel: "Jetzt ist das Rest-Niveau also auch weg", schreiben Facebook-Nutzer. Und wer am Montag beim Sender in Köln anrief, musste den Grund der Anfrage nicht lange erklären: "Wegen Spiegel TV?", fragte die Mitarbeiterin in der Telefonzentrale.

RTL will "ein Exempel statuieren"

"Wir verstehen den Unmut der Zuschauer", sagt RTL-Sprecher Christian Körner. Dass die Sendungen vorläufig aus dem Programm gestrichen sind, liege jedoch nicht unbedingt an schlechter Qualität. RTL habe vielmehr "die glückliche Fügung genutzt", um "ein Exempel zu statuieren" - in Sachen Medienpolitik.

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Es geht um die "Drittanbieterplätze", die RTL in seinem Programm freiräumen muss - seit dem Start des Privatfernsehens in Deutschland 1985. Konkret stößt sich RTL an 105 Sendeminuten pro Woche, die von der Düsseldorfer Firma dctp produziert werden. RTL hätte gerne Einfluss auf die Inhalte, ist aber medienrechtlich verpflichtet, auszustrahlen, was die Drittanbieter produzieren. "Das ist nicht mehr zeitgemäß", kritisiert ein RTL-Sprecher.

RTL sperrt Stern- und Spiegel TV auch in dieser Woche aus

Es war ein Formfehler der Niedersächsischen Landesmedienanstalt (NLM), der RTL nun als Vorlage diente. Die Versammlung der Ordnungsbehörde in Hannover, die für das RTL-Programm zuständig ist, hatte im Juni 2013 beschlossen, dass dctp für weitere fünf Jahre Drittanbieterprogramme auf RTL zeigen darf. Zu den Sendungen gehören unter anderem Stern TV und Spiegel TV. NLM-Direktor Andreas Fischer verfügte anschließend den "Sofortvollzug" - "in gewohnter Praxis", wie er sagt. Erstmals aber hat das nun ein Gericht gerügt. Nur die NLM-Versammlung hätte demnach die Freigabe erteilen dürfen. Der Mitbewerber Focus TV zog damals im "Eilverfahren" vor Gericht. Jetzt gab das Oberverwaltungsgericht Lüneburg der Klage Recht.

"Wir wollen Rechtssicherheit", begründet ein RTL-Sprecher, deshalb wird auch diese Woche kein Stern TV und Spiegel TV auf RTL zu sehen sein. Zumal RTL die Gelegenheit nutzt, gegen die Überregulierung der Medien hierzulande anzugehen. Denn die Ausstrahlung der Drittanbieter-Sendungen bringe RTL bei einer anderen hiesigen Medienbehörde - der KEK - "Bonuspunkte" im Blick auf die "medienkonzentrationsrechtliche Betrachtung unseres Hauses". In Zeiten, in denen das Internet sich auch als TV-Verbreitungskanal etabliert habe, möchte sich RTL - so erklärt es der Sprecher - von diesen als Fesseln empfundenen Regulierungen befreien und sein Programm in Gänze selbst bestimmen können. Mit Blick auf Stern TV heißt das zum Beispiel: "Wir sind froh, dass wir diese Sendung im Programm haben, aber wir würden die Ausstrahlung eben gerne selber entscheiden".

Stern TV bereits kommenden Woche wieder im RTL-Programm?

Am kommenden Montag wird sich entscheiden, wie es weitergeht. Dann trifft sich die 26-köpfige NLM-Versammlung - vergleichbar mit dem Rundfunkrat bei öffentlich-rechtlichen Sendern - zu einer Sondersitzung. Man werde "ergebnisoffen" entscheiden, sagt NLM-Direktor Andreas Fischer.

Bei RTL hofft man, dass man mit dem vorübergehenden Absetzen von Stern TV und Spiegel TV eine medienpolitische Debatte angestoßen hat. Dass sie am kommenden Montag entschieden würde, erwarte man bei RTL nicht. "Wenn wir die Sendungen wieder ins Programm nehmen sollen, dann tun wir das", sagt ein Sprecher. Dazu braucht es dann den schriftlichen Bescheid der NLM. Der dürfte ein paar Tage nach der Sondersitzung ankommen, heißt es in Hannover. Die Sendungen dürften dann relativ schnell wieder auf dem Bildschirm erscheinen, sagt der RTL-Sprecher: "Sie waren ja bereits geplant".