Essen. In Steffen Hensslers neuer Knast-Kochshow auf RTL will der Starkoch den Häftlingen mit dem Kochen einen Weg in ein ehrliches Leben aufzeigen. Doch die Kandidaten sind keine harmlosen Kleinkriminellen. Einer war an einem schweren Raub mit sieben Toten beteiligt. Kritik des LKA weist RTL aber zurück.

Kochen mit Stars, kochen mit schwer erziehbaren Jugendlichen und natürlich Spitzenkoch-Hilfe für schlecht laufende Restaurants: Alles schon mal dagewesen, scheint sich der Fernsehsender RTL gedacht zu haben. Also ließen die Kölner sich etwas Neues einfallen: Kochen mit Sträflingen. In der Show "Henssler hinter Gittern" brutzelt Spitzenkoch Steffen Henssler zusammen mit Häftlingen und versucht, die Männer der JVA Bremen dabei auch noch ein bisschen zu resozialisieren. Denn am Ende der Show sollen sie ein Knast-Bistro eröffnen. Doch die Teilnehmer der Knacki-Kochshow sind keinesfalls kleine Gauner.

Einer von ihnen war im Februar 2007 an einem brutalen Überfall auf ein China-Restaurant im niedersächsischen Sittensen beteiligt. Sieben Menschen wurden dabei erschossen. Das Landeskriminalamt Niedersachsen spricht von einem "der schlimmsten Verbrechen, das es nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland gegeben hat."

Knast-Kochschüler sitzt 14 Jahre Haft ab

Nur die mittlerweile neun Jahre alte Tochter des Betreibers überlebte das Verbrechen. Der heutige Kochschüler wurde als einer der Haupttäter zu 14 Jahren Haft verurteilt. Dass er nun zur besten Sendezeit in einer RTL-Sendung auftreten darf, gefällt dem LKA Niedersachsen gar nicht.

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"Resozialisierung ist bewiesenermaßen der richtige Weg für inhaftierte Straftäter. Aber Resozialisierung auf diesem Wege über Massenmedien? Welche Signale wirken auf die Familienangehörigen der Opfer? Welche Botschaft kommt bei immer noch Trauernden, insbesondere bei der neunjährigen Tochter des Betreiberehepaares an?", kritisiert Uwe Kolmey, Präsident des Landeskriminalamts.

Kritik an "Henssler hinter Gittern" prallt an RTL ab

Trauernde Kinder? Falsche Signale an die Familienangehörigen? Derlei Kritik scheint an RTL einfach abzuprallen: Es gehe bei "Henssler hinter Gittern" nicht darum, Straftätern eine Bühne zu geben, sondern darum, Inhaftierten eine Chance auf Resozialisierung zu bieten. "Die Strafgefangenen und ihre Taten werden in keinster Weise glorifiziert. Es wird nichts beschönigt oder gerechtfertigt", sagt RTL-Sprecherin Anke Eickmeyer in einer Stellungnahme.

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Es ist nicht das erste Mal, dass die Formate des Kölner Senders heftig kritisiert werden. 2011 etwa soll Moderatorin Vera Int-Veen sich für ihr Format "Mietprellern auf der Spur" ohne Erlaubnis Zutritt zur Wohnung einer schwerbehinderten Witwe verschafft haben.

RTL und das Spiel mit der Provokation

Reißerisch beschreibt RTL seine neue Koch-Show. "Ihre Straftaten reichen von Diebstahl bis zu Raub mit Todesfolge", verkündet der Sender. Ganz bewusst spielt "Henssler hinter Gittern" mit dem Gruseleffekt, der von gefährlichen Straftätern ausgeht. Das wird direkt in der ersten Folge klar. Denn als Henssler die Küche betritt, fragt er ziemlich provokant: "Habt ihr schon mal ein Messer benutzt?" Prompt steigt einer der Häftlinge auf die Vorlage ein und antwortet: "Ja, zum Stechen." Verbrechen als Einschaltargument - die Opfer der Straftäter dürften entsetzt zusehen.

Niedersachsens LKA-Chef Uwe Kolmey will sich mit den Rechtfertigungsversuchen von RTL jedenfalls nicht zufrieden geben: "Ich werde mich diesbezüglich auch mit einem Schreiben an RTL wenden." Vielleicht merkt der Sender ja dann, dass er das Spiel mit der Provokation diesmal zu weit getrieben hat.