Essen. Kabelnetzbetreiber Unitymedia eskaliert den Streit mit den öffentlich-rechtlichen Sendern um die Einspeisevergütung. Weil die Sendeanstalten nicht zahlen wollen, schmeißt der Betreiber den NDR aus dem analogen Angebot für NRW. Betroffene, die nicht auf den NDR verzichten wollen, müssen umrüsten.

Unitymedia-Kunden aus NRW, die noch analoges Kabelfernsehen beziehen, empfangen den TV-Sender des Norddeutschen Rundfunks (NDR) künftig nicht mehr. Zum 17. September werde das öffentlich-rechtliche Programm aus dem analogen Kabelangebot ausgespeist, teilte der NDR mit. Damit eskaliert Unitymedia einen seit längerem schwelenden Streit um die sogenannte "Einspeisevergütung", eine Gebühr, die die Kabelnetzbetreiber von Fernsehsendern verlangen.

Bis Ende 2012 hatten die öffentlich-rechtlichen Sender eine solche Gebühr an die Kabelnetzbetreiber gezahlt: von den ARD-Sendern gab es rund 45 Millionen Euro, das ZDF zahlten zehn Millionen Euro. Doch angesichts des steigenden Drucks, aufs Geld zu achten und der veränderten technischen Rahmenbedingungen weigerten sich die Sendeanstalten, die Verträge zu verlängern. Sie wollen nicht mehr für eine Leistung zahlen, die sich die Netzbetreiber ohnehin schon von den Zuschauern bezahlen lassen.

Netzbetreiber scheiterten mit Klagen gegen die Sender

Die Netzbetreiber fühlen sich betrogen und drohen damit, die Ausstrahlung der öffentlich-rechtlichen Sender einzuschränken. Ihre Möglichkeiten sind dabei allerdings begrenzt: Die Sender "Das Erste" (häufig "ARD" genannt), das ZDF und das jeweilige dritte Programm aus der Region müssen übertragen werden, genauso Spartensender wie Arte, 3sat und der Kinderkanal.

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So wichtig ist der NDR für NRW-Bürger nicht, entschied die Landesanstalt für Medien, die das Regionalprogramm nicht als "Must-carry"-Sender einstufte, den die Netzbetreiber übertragen müssen. "Das lassen wir gerichtlich überprüfen", sagte der stellvertretende NDR-Intendant Arno Beyer.

"Unitymedia handelt gegen die Interessen vieler Kunden"

Die Ausspeisung ist der vorerst letzte Eskalationsschritt in einem seit Monaten währenden Streit. Zuvor hatten die Sender vergeblich versucht, die Sender juristisch dazu zu bringen, wieder für die Übertragung ihrer Programm zu zahlen. Im April entschied das Landgericht München I, dass der Bayerische Rundfunkt nicht an den Unitymedia-Konkurrenten Kabel Deutschland zahlen muss. In mehreren anderen Fällen ließen Gerichte Klagen der Netzbetreiber gar nicht erst zu.

Deshalb setzen die Netzbetreiber jetzt auf vollendete Tatsachen. Kabel Deutschland hat bereits in mehreren Regionen ortsfremde dritte Programme ausgespeist - und damit häufig den Zorn der Kunden auf sich gezogen. Wie viele NDR-Fans Unitymedia in NRW verärgert, ist noch unklar. Angeblich ist der NDR das zweitbeliebteste der Dritten Proramme in NRW.

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Rund 30 Prozent aller Kabel-Haushalte sind nach NDR-Angaben von der Ausspeisung betroffen: alljene, die ausschließlich analoges Kabelfernsehen beziehen. Rund die Hälfte aller NRW-Haushalte bezieht sein Fernsehsignal via Kabel. "Mit der Ausspeisung handelt Unitymedia gegen die Interessen vieler Kunden, die auch den NDR sehen wollen", sagt der stellvertretende Intendant des Senders, Arno Beyer.

Unitymedia überträgt ProSieben-Sender statt NDR

Unitymedia weist diese Anschuldigung zurück. Die Neubelegung sei nur erfolgt, weil die "öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ihrerseits keinen Wert mehr auf die analoge Verbreitung ihrer Programme legen", teilte das Untenehmen mit. Statt dem NDR überträgt Unitymedia den neuen ProSieben-Sender ProSieben Maxx. Wahrscheinlich nicht ganz die Zielgruppe, die bislang "Hallo Niedersachsen!" und Kreuzfahrt-Dokus geschaut hat.