Essen. Ermittler, die aneinander gefesselt sind, ein Mord, der mit den Machenschaften der Pharmabranche verknüpft ist, eine herrlich gedämpfte Insezenierung in Molltönen - und Punktabzug wegen platt gezeichneter Schurken. Mit einer Folge vom Bodensee geht der “Tatort“ in die Sommerpause.
Zwei Ermittler in Handschellen aneinander gefesselt? Der ansonsten ja etwas düstere Bodensee-Tatort erlaubt sich einen Anflug von Humor, als Klara Blum und ihr ständiger Schweizer Konkurrent Mattheo Lüthi unzertrennlich werden, weil sie seine Alleingänge satt hat und den Schlüssel einfach mal ins Wasser pfeffert. Doch sonst bleibt „Letzte Tage“ (ARD, 20.15 Uhr) den Molltönen der Reihe aus dem Süden treu. Aber das ist nicht schlecht. Der Tod wird zum bestimmenden Thema und nicht nur wegen der üblichen Krimileiche zu Beginn.
Das Kompetenzgerangel zwischen der Konstanzer Polizistin und dem Kollegen von der anderen Seeseite gehört zu den Standards des Bodensee-Tatorts, und wären Roland Koch und ganz besonders Eva Mattes nicht so gute Schauspieler, könnte man das mittlerweile durchaus ermüdend finden. Diesmal müssen sie den Mord an einem todkranken Mann auf der Fähre aufklären, der, so scheint es jedenfalls, einen Pharmakonzern erpresst hat, mit dessen Präparaten er nicht einverstanden war.
Undurchsichtige Ärzte, skrupellose Geschäftsleute und eine unglückliche Liebe
Zwischen undurchsichtigen Ärzten, aufopferungswilligen Leukämie-Selbsthilfegruppen, kranken Opfern und skrupellosen Geschäftsleuten suchen die beiden nach einer Spur, während sich Blums Kollege Perlmann (Sebastian Bezzel) mal wieder unglücklich verliebt – diesmal ist es ein krebskrankes Mädel (Natalia Rudziewicz), das plötzlich selbst unter Verdacht gerät. Den Seitenstrang hätte es für die innere Dramatik nicht mehr gebraucht – aber bitte schön, es gibt ein paar herzerweichende Augenblicke.
Die unerhörte Ruhe, mit der Elmar Fischer die Geschichte von Stefan Dähnert entwickelt, gehört zu den Stärken des Films. Der Nebel dampft über dem Wasser, und wer sich zu schnell in diesem Krimi bewegt, hat schon verloren. Selbst die Musik hält mit der Stimmung Schritt – das kann man in deutschen Fernsehproduktioen, wo Regisseure sie allzu oft als unvermeidliche Tonsoße zum Hauptgericht empfinden, nur selten sagen. Matthias Beine hat ein paar einfühlsame Akkordeonklänge komponiert.
Punktabzüge in der Kür
Gleichwohl gibt es Punktabzüge in der Kür, weil Dähnert sich in der Zeichnung seiner Charaktere eine Reihe platter Klischees erlaubt. Wenn der Pharmaboss sagt „Moral ist ein schlechter Ratgeber in unserem Geschäft“, möchte man kurz mal den Ton abdrehen. Schurken kann man eleganter denunzieren.
Die Tatort-Kommissare
Möglich, dass mancher sich zum Abschied vor der Sommerpause etwas mehr Spektakel im Tatort gewünscht hätte. Aber das bleibt Til Schweiger oder den Jungs aus Münster vorbehalten. Klara Blum bleibt ihrer Linie treu. Und das ist gut so.