Essen.. Nach Günther Jauch am Sonntag, griff sich am Montagabend auch ARD-Talker Frank Plasberg den Fall Uli Hoeneß als Thema. “Hart aber fair“ erging sich dabei über lange Strecken in einer Steuergerechtigskeitsdebatte. Dabei war es viel spannender, mehr über den Fall Hoeneß zu sprechen.
Carsten Kühl hatte gleich zu Beginn eine beeindruckende Zahl parat. In den
letzten Jahren, sagte der Finanzminister aus Rheinland-Pfalz, seien etwa 3000
Selbstanzeigen eingegangen – allein in seinem Bundesland. Das ist enorm, und
natürlich hat Kühl recht, wenn er sagt: Vermögende dürfen sich nicht billig
davonstehlen, wer Steuern hinterzieht, ist nicht besser als ein Dieb. So viel
zur moralischen Einordnung, mehr muss nicht sein. Bei Frank Plasbergs „Hart aber fair“, wo Kühl
Montagabend das Thema „Ausgerechnet Hoeneß – wem kann man jetzt noch trauen?“
mitdiskutierte, zeigte sich: Der Fall Hoeneß ist spannend. Aber bitte, liebe
Talkshow-Macher, verschont uns mit der nächsten
Steuergerechtigkeitsdebatte. Davon gab’s wahrlich genug.
Zum Beispiel immer dann, wenn irgendein Bundesland irgendeine Steuer-CD aus der Schweiz gekauft hat. Die Debatten verliefen stets nach demselben Muster wie jetzt bei Frank Plasberg: Auf der einen Seite empören sich linke Politiker (dieses Mal neben SPD-Mann Kühl die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast) und Journalisten (Hans Leyendecker von der „Süddeutschen Zeitung“) über die Reichen, die deutsche Infrastruktur in Anspruch nehmen, aber Steuern nur nach Gutdünken zahlen wollen. Auf der anderen argumentieren Unternehmer und Politiker aus dem bürgerlichen Lager (aktuell Erwin Huber von der CSU) und Journalisten (Roger Köppel von der Schweizer „Weltwoche“), der Staat vertreibe die Wohlhabenden durch rigide Steuerpolitik ins Ausland. Jedes Mal die gleiche Diskussion. Gut, dass Manfred Breuckmann da war. Der Fußball-Fachmann aus dem Vest sagte kurz und knapp: „Steuerhinterziehung in diesem Umfang birgt eine hohe kriminelle Energie.“ Punkt, Ende der Kontroverse.
"Vielleicht hat Hoeneß die Mentalität: Das Gesetz bin ich"
Viel interessanter ist ohnehin die Causa Hoeneß. Über die seit Samstag häufig zitierte Fallhöhe redeten sie auch bei Plasberg. Ein Einspieler erinnerte daran, dass noch im September die „Bild“-Zeitung fragte: „Brauchen wir mehr Hoeneß in der Politik?“ Spätestens seit dem Wochenende weiß man: nein.
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Auffällig war, wie wenige Fürsprecher der Bayern-Boss offenbar hat. Manni Breuckmann, auf dessen Sofa Hoeneß schon saß und über Fußball philosophierte, glaubt zwar nicht, dass sich der als Gutmensch bekannte Schwabe all die Jahre verstellt hat. Wohl aber sei ihm die „heiligengleiche Verehrung“ zu Kopf gestiegen: „Vielleicht hat er ein bisschen die Mentalität: Das Gesetz bin ich.“ Auch Hans Leyendecker konstatierte in punkto öffentliche Unterstützung: „Es rutscht gerade mehr weg, als ich gedacht habe.“
Leyendecker war es auch, der die Affäre um eine weitere brisante Episode bereicherte. Hoeneß habe sich im Jahr 2000 Geld vom damaligen Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus geliehen. Insgesamt 20 Millionen D-Mark, eingezahlt auf ein Konto bei einer Schweizer Privatbank. Hoeneß habe damit an der Börse „gezockt“. Später habe er den Betrag zurückgezahlt. Interessant ist das vor allem deswegen, weil Adidas und nicht Konkurrent Nike kurze Zeit später vom Verein den Sponsoring-Zuschlag bekam. Der Sportartikelhersteller habe sich zudem finanziell an der FC Bayern AG beteiligt.
Die Affäre entwickelt sich also wie so viele vorherige Affären um prominente Lichtgestalten: Stück für Stück treten neue Details zu Tage. Ob auch deswegen kaum einer klar Position pro Hoeneß beziehen will? Selbst Erwin Huber, wie der Mann vom Tegernsee ein bekennender Konservativer, konnte sich in der obligatorischen Schlussrunde nur zu einem mauen verbalen Schulterklopfen durchringen: Uli, würde Huber seinem Kollegen beim nächsten Treffen raten, „bring das in Ordnung und sieh zu, dass Bayern Champions-League-Sieger wird.“