Essen. Sie haben viel über sich ergehen lassen: Während der ProSieben-Show „Beauty & the Nerd“ wurden die Kandidaten in lächerliche Kostüme gesteckt und hatten alberne Szenen zu spielen. Während der Wittener Cedric auf Platz 3 landet, siegt das Team Julia und Kevin. Doch wirklich wichtig wurde etwas ganz anderes.
Was kann ein Zuschauer wohl bei der letzten Folge der Show „Beauty & the Nerd“ erwarten? Vier Wochen lang konnte auf ProSieben verfolgt werden, wie acht Paare, zusammengesetzt aus jeweils einer „Beauty“ und einem „Nerd“, gegeneinander antreten. Ganz wichtig dabei: Möglichst viele Klischees unterzubringen. Wer das erwartete, wurde auch beim Finale der Sendung nicht enttäuscht.
In der vierten und letzten Folge des TV-Formats, das bereits in über 20 Länder exportiert und von Schauspieler Ashton Kutscher erfunden wurde, geht es laut der Stimme aus dem Off „um alles oder nichts.“ Fünf Teams sind noch übrig, unter ihnen auch der 23-jährige Mathematik-Student Cedric aus Witten und seine Spielpartnerin, die 28-jährige Kellnerin Kamilla. Nach drei Spielrunden stehen die zwei Final-Paare fest, die dann um 100.000 Euro spielen werden. So weit, so klar.
Der Weg dorthin ist allerdings hart: Klischees und gestellte Szenen müssen von Teilnehmern und Zuschauern ertragen werden. Und so spielen in einer der ersten Kameraeinstellungen die „Nerds“ Michael und Sven dann auch mit einer Nintendo Wii, während sich „Beauty“ Martina auf dem Sofa die Nägel feilt. Ja, ja, jetzt hat es wirklich jeder Zuschauer kapiert – hier trifft Hirn auf High Heels, die Looser auf die Laufsteg-Schönheiten.
Viel nackte Haut und Klischees satt bei "Beauty & the Nerd"
Dieses Show-Konzept wird jetzt durchgehalten und zwar bis zum Ende! Davon lassen sich die Macher von „Beauty & the Nerd“ auf keinen Fall abbringen! Deshalb wird – wie bereits bei einer vorherigen Folge der ProSieben-Show – auf viel nackte Haut gesetzt. Beim ersten Spiel kommen die Kandidaten im Baywatch-Outfit daher. Die „Beauties“ sind natürlich braungebrannt, die „Nerds" – wie kann es anders sein? – weiß wie der südafrikanische Sandstrand unter ihren Füßen. Erst müssen die Jungs ran und aus einzelnen Buchstaben ein Wort bilden, nachdem sie einen Lkw-Reifen hinter sich hergezogen haben. Danach haben die Mädels ein Arztköfferchen zu öffnen, um dann mit einem Stethoskop und einem Küsschen ihren Spielpartner „wiederzubeleben“. Ah ja.
All das wird von den Kandidaten mitgemacht, der Spruch „gute Miene zum bösen Spiel“ war lange nicht mehr so treffend wie bei diesem TV-Format. Noch krasser wird es bei der zweiten so genannten „Challenge“: Bei „Ritterfestspielen 2.0“ laufen die „Beauty & the Nerd“-Kandidaten in Rüstungen und Burgfräulein-Kostümen auf. Die „Nerds“ versuchen sich mit Lanzen von Segways, eine Art elektronisches Ein-Mann-Fortbewegungsmittel, zu stoßen.
Die „Beauties“ sollen durch Frage-Antwort-Spielchen den „Gral der ewigen Schönheit“ finden. Dass beim Duell die Lanzen aussehen wie riesige Wattestäbchen, und Cedrics Sichtschutz ständig beschlägt, macht das Geschehen auch nicht spannender. Um etwas gegen die Langeweile zu tun, werden währenddessen bei Twitter Witzchen gerissen. Als Seitenhieb auf den aktuellen Pferdefleisch-Skandal schreibt „iJoshofficial“: Hätten die auf das Segway wenigstens ’ne Lasagnepackung geschnallt, wär’s realistischer ... #BeautyNerd
Nicht sexuell aufgeladen wie „Bachelor“
Die „Nerds“ und „Beauties“ vertiefen sich indes in ihr Spiel, vergessen die dämlichen Verkleidungen und orientieren sich am Wesentlichen: Es scheint für sie wirklich darum zu gehen, dass die „Nerds“ sich nicht verletzen und die „Beauties“ möglichst viele Fragen richtig beantworten. Trifft beides zu, ist die Freude umso größer und es wird sich umarmt, gebusselt und geherzt was das Zeug hält. Dabei bleibt alles immer platonisch; die Gesten sind nicht so sexuell aufgeladen wie bei der vor Kurzem beendeten Staffel von der „Bachelor“.
Das zeigt sich auch darin, dass die „Beauty & the Nerd“-Pärchen – glaubt man der Inszenierung der TV-Show-Macher -- sich auch über Wochen ein gemeinsames Bett teilen, ohne übereinander herzufallen. Sieht man die Paare einmal während ihrer vermeintlichen Freizeitbeschäftigungen – zum Beispiel wenn Model Julia Dessous anprobiert, während Informatiker Kevin in einem Comicbuch schmökert – ist die Szene zwar von den Machern so geschrieben worden, aber dennoch scheinen sich die beiden wirklich zu mögen. Ganz aufrichtig und egal, wie dummdreist Kevin mal wieder aus der Wäsche schauen soll.
"Beauty & the Nerd" mit wenig menschlichen Momenten
Und genau dieses Gefühl bleibt: Es spielt keine Rolle, ob die Kandidaten während eines Parcours lächerliche „Sport-Outfits“ tragen und aneinander gebunden auf dem Boden robben müssen. Wenn das Spiel geschafft wurde, freuen sich alle – und das ist sind die wenigen Momente bei „Beauty & the Nerd“, in denen so etwas wie Menschlichkeit aufblitzt. Auch bei Twitter ist „tweb94“ gegen Ende der Sendung ganz verwundert: Krass, wie @ProSieben es geschafft hat, aus #beautynerd eine hochklassige Sendung zu machen. Und sein Tweet klingt ernst gemeint.
Dass der Wittener Cedric und seine Spielpartnerin Kamilla dann nur auf Platz drei landen, geht in der immer schneller werdenden Taktung der Finalfolge unter: Informatiker Kevin wird noch schnell umgestylt und bekommt Mode-Tipps von Designer Thomas Rath („Du musst jetzt fashion-addicted werden!“). Aber auch die „Nerds“, deren Augenbrauen noch nicht gezupft waren, werden nicht vergessen, und so kommen Cedric und Sven geschniegelt durch die Final-Kulisse gehuscht. Laut Moderator Daniel Boschmann angeblich, weil Thomas Rath im „Make-Over-Wahn“ war und „am liebsten ganz Kapstadt umgestylt" hätte.
„Beauty & the Nerd“-Paar Kevin und Julia gewinnt 100.000 Euro
Beim letzten Spiel müssen die beiden letzten „Beauty & the Nerd“-Paare Model Julia und Informatiker Kevin und Stewardess Siw und Informatiker Helge dann auch wieder alberne Fragen beantworten wie „Womit entfernt sich Siw NICHT die Haare?“ oder „Welche Comicfigur findet Kevin besonders langweilig?“ Doch auch bei dieser letzten Runde schlagen sich die Kandidaten wacker, scheinen ehrlich aufgeregt, aber nicht wegen des Geldes, sondern immer besorgt um das Abschneiden des Spielpartners.
Am Ende gewinnen Julia und Kevin die 100.000 Euro Siegprämie, der 28-Jährige möchte seinen Anteil komplett spenden. Alle liegen sich in den Armen, freuen sich über die gemeinsam verbrachte Zeit. Kurz vor dem Abspann ist dann noch einmal Friseurin Martina, eine der letzten fünf „Beauties“, zu sehen. Sie fasst ihre Zeit bei „Beauty & the Nerd“ zusammen: „Ich hab’ gelernt, dass viel mehr Charakter zählt als Aussehen.“ Ach Martina, wer hätte gedacht, dass man dir diesen Satz am Ende sogar abnimmt?