Essen. Im Tatort „Neuland” ermittelt Jörg Schüttauf diesmal ohne Andrea Sawatzki. Was nicht weiter stört, denn der Fall ist wie ein Western aufgezogen – und der Sheriff ist ohnehin am stärksten allein.

Die Luft flirrt glühend über Hessens Prärie. Der Großstadtsheriff, der nichts als Frieden suchte in der Ödnis, nichts als seine alte Liebe auf der ranzigen Ranch, ahnt nicht, dass er Tod und Verderben finden wird. Sie nannten ihn Dellwo.

Ja, er ist ein Western, dieser Tatort „Neuland” (ARD, So., 20.15 Uhr), auch wenn er aufs platte Land, nördlich des Rhein-Main-Gebiets verlegt wurde. Statt Pferden rasen dort Boliden, statt Farmgrund werden Bio-Äcker bestellt. Über allem thront ein Großgrundbesitzer (Matthias Plauer), sekundiert vom tyrannischen Sohn (Devid Striesow), der das Volk knechtet.

Ein El Dorado ist das nicht: Kommissar Dellwo (Jörg Schüttauf), die Nase gestrichen voll von Frankfurt, kommt auf den Bauernhof, um Katrin (Nina Kunzendorf) zu treffen, seine erste große Liebe. Die mittlerweile brave Bauersfrau und ihr Mann Jens (Martin Feifel) stecken in der finanziellen Schlinge.

Die heruntergekommene Eintönigkeit des Landlebens

Da Dellwo schonmal da ist, zeigt die Bäurin dem Kommissar die Stelle im Wald, wo ihre Kinder ein verlassenes Auto gefunden haben. Doch das ist nun verschwunden. Man ahnt: Es ist nicht der Schatz vom Silbersee, den Dellwo kurz danach vom Grund eines Baggerlochs heben lässt. Klar eigentlich, dass der Dorfsheriff (Peter Kurth), längst williger Vollstrecker des Gutsherrenwillens, partout keinen Verdacht auf ein Verbrechen hegen will, auch wenn das Auto einem verschwundenen Grundstückspekulanten gehört, der dem Gutsherrn für eine Handvoll Dollar ins Handwerk pfuschen wollte.

Man sagt, der Starke ist am mächtigsten allein, das gilt auch für Dellwo, der diesmal ohne seine Partnerin Sänger (Andrea Sawatzki) auskommt, Prügel einsteckt, wie ein echter Cowboy nie klein beigibt. Dellwo greift sogar zur Mundharmonika und bläst prophetisch etwas, das verdächtig klingt wie „Spiel mir das Lied vom Tod”. Regisseur Manuel Flurin Hendry weiß genau, an welchen Stellen er es krachen lassen muss, die Kamera fängt brutal die heruntergekommene Eintönigkeit des Landlebens – insofern ein sehr deutscher Western.

Am Ende, wenn der Mörder gefasst ist, lernt Dellwo seine Lektion: Auch wenn das inzestuöse Landvolk im eigenen Unglück gefangen ist, zieht sie dies immer noch jeder Änderung vor. Und Dellwo reitet in seinem alten BMW einsam zurück nach Frankfurt.

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