"Der Bachelor" auf RTL zwischen Klavierlehrerin und Erotikmodel
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Essen. Alpha-Männchen statt „hagerer Hühnerwirt“ – die RTL-Kuppelshow „Der Bachelor“ ist der Gegenentwurf zu „Bauer sucht Frau“. Und genauso absurd. Zwanzig beziehungswillige Frauen streiten sich um die Gunst eines “Traummannes“. Die Dialoge in der RTL-Show wirken nicht selten wie aus einem Soap-Dialog.
Wenn man RTL glauben darf, gibt es genau zwei Sorten von Junggesellen in Deutschland: Die einen leben bei Mama, fahren Trecker und sind amouröse Pflegefälle in Gummistiefeln. Die anderen sind das genaue Gegenteil: Top-Typen auf der Sonnenseite des Lebens – modelnde Anwälte, die in selbstrestaurierten Forsthäusern leben und mit glänzenden Sixpacks Holz hacken. So wie Jan, der „Bachelor“ aus der gleichnamigen Sendung. Für die neueste Ausgabe seiner Erfolgsshow hat sich RTL eine Frauenfantasie ausgedacht, über die selbst Rosamunde Pilcher lachen müsste.
Im Intro sehen wir den Bachelor im Meer, aus den Wellen steigend wie ein männliches Pendant zu Halle Berry in „Stirb an einem anderen Tag“. Schnitt auf eine weiße Jacht, die Jan souverän in den Hafen von Kapstadt lenkt. Als nächstes geht’s im britischen Vintage-Sportwagen zur Villa mit Seeblick.
Bachelor glaubt an funktionierende Beziehung
In der Auffahrt: Fackeln im Sturm, buchstäblich. Damit Jan nicht zu abgehoben wirkt, folgt eine Rückblende zu den Eltern. Die leben in bescheidener Idylle bei Magdeburg. Mit Mama kann er „gute, persönliche Gespräche“ führen, sagt der Bachelor. Mit dem Vater lässt sich's dafür besser scherzen. Besonders in Papas Garage, die zu gleichen Teilen mit Oldtimer-Bildern und Pin-Ups behängt ist. (Bachelor: „Das hier ist ein Modell mit zwei Hupen, oder?“)
Der Bachelor hat zwei Kinder von Frauen, mit denen er nicht mehr zusammen ist. An die funktionierende Beziehung glaubt er trotzdem noch. Deshalb hat er sich bei RTL gemeldet und wartet nun auf zwanzig beziehungswillige Frauen aus ganz Deutschland. Das Angebot ist so breit, wie es die Castingdramaturgie erfordert.
Am einen Ende des Spektrums wartet die gediegene Klavierlehrerin Polina, am anderen Ende Erotikmodel und Jägerstochter Melanie, die dem Bachelor eine selbstgepresste Wurst („Ich bin so froh, dass du kein Vegetarier bist!“) mitgebracht hat. Dazwischen: alles von der Reiseverkehrskauffrau bis zur alleinerziehenden Anästhesieschwester.
Dialoge im Bachelor wirken nicht spontan
Wieviel man glauben kann vom „Bachelor“, sei dahingestellt. Einige Kandidatinnen wirken wie pure Drehbucheinfälle. Mag sein, dass die BWL-Studentin Madeleine Wert auf Status legt; Sätze wie „Ab sechsstellig ist mir das Gehalt eines Mannes egal“ oder „Nichts gegen Elektriker – aber Handwerker gehen gar nicht!“ sind ungefähr so spontan wie "Gute Zeiten, Schlechte Zeiten"-Dialoge. Auch andere Teilnehmerinnen sind Karikaturen.
Da wäre, zum Beispiel, die „gelernte Erzieherin“ Nina in der unvermeidlichen Sexdepp-Rolle („Wie soll ich aus dem Auto aussteigen – ich trage doch gar keinen Slip!“), kurz gefolgt von zwei weiteren weiteren Singles aus der Playboy-Fraktion.
Bachelor Jan mag sie fast alle: Anästhesieschwester Conny, weil sie Grüße von ihrem Sohnemann ausrichtet („Das find ich schön!“), Wurst-Model Melanie („Ich mag es, wenn Menschen ungewöhnlich sind!“) und vor allem Fitnesstrainerin Mona. Wegen der Augen. Und weil sie – wie der Bachelor – an die funktionierende Beziehung glaubt. Auch die im Fernsehen.
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