Essen. Wie billig kann Bio sein? Die ARD wollte am Montag zum Start ihrer Exclusiv-Reihe das reine Märchen der Bio-Produkte entzaubern. Doch mit seiner Reportage entzauberte sich das Team des ARD-Magazins Fakt eher selbst. Zu viel Schockbilder und zu wenig Hintergrund bot der Öko-Test im Supermarkt.

6,6 Milliarden Euro zahlten die Deutschen im vergangenen Jahr für Bio-Lebensmittel. Doch ist auch alles Bio, wo Bio draufsteht? Das ARD-Magazin Fakt offenbarte für die neue „Exclusiv im Ersten“-Reihe die gravierenden Unterschiede zwischen den Bio-Pionieren und dem neuen „billigen“ Bio-Business in Deutschland.

Als sensationsheischender Einstieg werden dem Zuschauer Ekel-Bilder von „Bio-Schweinen“ gezeigt. Zudem dient ein nicht gerade überraschender Rundgang durch einen Supermarkt mit einer versteckten Wackelkamera als Einführung in das Thema. Es folgen schockierte Verbraucher und ein Bio-Landwirt, der möglicherweise Elemente klassischer Massentierhaltung vertuschen will.

Fakt-Magazin deckt die "große Bio-Lüge" auf

In den ersten Minuten wird der Zuschauer geradezu erschlagen von der „großen Bio-Lüge“, die die Fakt-Reporter aufdecken und skandalisieren wollen. Dabei verliert die Reportage die Nähe zum Verbraucher. Die Erwartungshaltung der Menschen an Bio-Produkten hätte erstmal feiner definiert werden müssen – doch dafür war in dem temporeichen Format wohl keine Zeit.

Dabei erweist sich der Ansatz des Fakt-Magazins zum Thema Bio als durchaus spannend. „Der Verbraucher finanziert mit dem Kauf von einigen Bio-Produkten tierquälerische Haltung“, so die These von Jürgen Voß von der Tierschutz-Organisation „Die Tierfreunde“. Ein Großteil der Aufnahmen von katastrophalen Umständen bei der Tierhaltung stammt von dieser Organisation, über die der Zuschauer dann aber nichts weiter erfährt.

Ein neues, billiges "Bio" wurde von Discountern geschaffen

Der Vorwurf der Bio-Verfechter: Mit dem Einstieg der Discounter wie Lidl und Aldi sowie von Edeka und Rewe in den umsatzträchtigen Bio-Markt ist ein neues „Bio“ geschaffen worden, das ohne gegen EU-Richtlinien zu verstoßen Richtung „billig“ drängt und damit weit weg geht von dem ursprünglichen Bio-Verständnis.

Bei einem Blick hinter die Kulissen entdecken die Reporter bei Bio-Eiern Produktionsbedingungen wie im konventionellen Bereich - Massentierhaltung nur mit dem Öko-Siegel versehen. Zudem zeigt die ARD-Reportage, wie Hunderte Tonnen Frühkartoffeln wegen des „Billig-Bio-Marktes“ vernichtet werden und offenbart Qualitätsmängel bei einigen Bio-Produkten.

ARD-Format ist zu reißerisch und lässt viele Fragen offen

Abgesehen von den Fakten ist die Aufmachung zu reißerisch und wirkt dadurch eher befremdlich. Völlig unnötig und aus dem Zusammenhang gerissen wird gezeigt, wie in den USA männliche Küken „aussortiert“ und getötet werden, weil sie nicht zu gebrauchen sind. Ob das in Deutschland auch so ist, wird zwar mit dem Einspieler unterschwellig suggeriert, doch der Zuschauer bleibt ratlos zurück.

Nicht nur an dieser Stelle bleiben viele Fragen zum Thema Bio offen. So scheitert das Format mit seinem komplexen Thema trotz spannender Ansätze und Thesen an den „nur“ 30 Minuten Sendezeit. Am 4. September folgt der nächste Teil von „Exclusiv im Ersten“. Dann geht es um die Macht der Versicherungskonzerne.