Essen. Seit 20 Jahren läuft die erfolgreichste deutsche Seifen-Oper “Gute Zeiten Schlechte Zeiten“ auf RTL. Und das, obwohl die Serie zum Beginn heftige Kritik einstecken musste. Serien-Fiesling Wolfgang Bahro erzählt im Gespräch mit DerWesten von den GZSZ-Anfängen und seinem Hang zu bösen Rollen.

Die älteste und erfolgreichste Daily Soap im deutschen Fernsehen feiert Geburtstag: "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" läuft im Mai seit 20 Jahren auf RTL, am 23. Mai wird die 5.000. Folge gezeigt. DerWesten sprach mit dem dienstältesten GZSZ-Schauspieler Wolfgang Bahro.

Sie sind seit 1993 dabei und der Dienstälteste bei GZSZ. Können Sie sich noch an die Anfänge erinnern?

Wolfgang Bahro: Ja, ich kann mich noch gut erinnern. GZSZ ist eine Adaption der australischen Seifenoper "The Restless Years", und in den Drehbüchern hatten die Darsteller unter anderem mit Känguru-Plagen zu kämpfen. Das konnten wir in Deutschland natürlich nicht übernehmen und mussten viel improvisieren. Zudem waren die Produzenten englischsprachig. Die fanden alles, was wir machen, ganz toll, obwohl sie kein Wort verstanden haben.

Können Sie sich auch noch an Ihren ersten GZSZ-Satz erinnern?

Bahro: Der lautete: "Ich hab schon viel von Ihnen gehört". Ich habe den Satz zu meinem Stiefbruder Patrick Graf gesagt. Allerdings wusste ich zu dem Zeitpunkt nicht, dass Patrick mein Stiefbruder ist. Ich sollte als Anwalt Jo Gerner seinen Vater vertreten und wie sich herausstellte, war der auch mein Vater.

Also direkt zu Beginn viele Wirrungen.

Bahro: Genau. Allerdings wusste ich davon gar nichts. Ich wurde als Jo Gerner gecastet, aber die Produzenten haben mir nichts von diesen familiären Irrungen und Wirrungen erzählt. Das habe ich auch erst nach und nach erfahren.

Hätten Sie anfangs damit gerechnet, Teil von Deutschlands erfolgreichster Daily Soap zu sein?

Bahro: Überhaupt nicht. Ich komme ursprünglich aus dem Bereich des politischen Kabaretts und hatte wenig Erfahrung vor der Kamera. Für mich war das Ganze ein Experiment. Außerdem war bei den Drehbüchern und Kulissen so viel improvisiert, dass dieser Erfolg überhaupt nicht absehbar bar.

Die Schauspieler mussten viel Kritik einstecken 

In den 90er-Jahren wurde die Serie sehr belächelt, musste harte Kritik einstecken. Haben Sie diese Kritik auch erfahren müssen?

Bahro: Definitiv. Viele Schauspielkollegen haben zu mir gesagt: "Wie kannst du da mitmachen?". Aber mittlerweile ziehen die meisten den Hut vor GZSZ. Ein Kollege, der anfangs auch ziemlich übel gelästert hat, hat später sogar in einer Episode mitgespielt. Die Leute die sagen, das sind doch alles Laienschauspieler, haben keine Ahnung.

Ist Ihnen von fast 5.000 Folgen eine ganz besonders im Gedächtnis geblieben?

Bahro: Ja, die Musical-Folge. Wir haben die Geschichte des Musicals Hair nachgespielt und wurden alle in die 60er-Jahre zurück versetzt. Jo Gerner war ein blumenstreuender Hippie, der die ganze Zeit "Make love not war" gerufen hat. Das hat so gar nicht zu seinem Charakter gepasst und hat deshalb sehr viel Spaß gemacht.

Ist Ihnen eine Folge auch an die Nieren gegangen?

Bahro: Keine ganze Folge, aber eine Szene. Nachdem die Entführung von Gerners Sohn Dominik überstanden ist, gesteht Gerner Dominik mit Tränen in den Augen, dass er mit den Nerven am Ende ist, einfach nicht mehr kann. Nach Drehbuch sollte Dominik Gerner anschauen und einfach weggehen. Aber mein Serien-Sohn Raúl Richter hat mich einfach in den Arm genommen. Da musste ich schlucken, denn ich bin selber Vater. Ich habe bei der Entführung von meinem Serien-Sohn immer gedacht. Wie würdest du dich als Vater in so einer Situation verhalten?

"Lieb sein ist doch langweilig" 

Was wünschen Sie sich für die Figur Jo Gerner?

Bahro: Ich würde mir wünschen, dass Gerner wieder härter wird. Während der ganzen Entführung war er ziemlich soft, jetzt ist wieder Zeit für mehr Härte.

Eine nette Rolle kommt für Sie also nicht in Frage?

Bahro: Lieb sein ist doch langweilig. Aber ist Gerner ja nicht böswillig. Er ist ein knallharter Geschäftsmann und setzt seine Ziele mit allen möglichen Mitteln durch. Aber das machen reale Geschätsmänner wahrscheinlich genauso. Außerdem tut Gerner alles um seine Familie und auch sich selber zu schützen. Da ist ihm dann schon jedes Mittel recht.

Und Ihre schauspielerischen Wünsche?

Bahro: Ich fände es toll, wenn Gerner in die Politik gehen würde. Als politischer Kabarettist wäre das genau das richtige für mich. Mal schauen, ob mir die Produzenten den Wunsch erfüllen. Aber ich versuche jetzt schon, Gerner immer mit einem Augenzwinkern zu spielen.

Was gibt es denn in der Jubiläumsfolge von Gerner zu sehen?

Bahro: Vor allem den Rücken. Gerner ist an einer Verfolgungsjagd durch den Wald beteiligt. Außerdem fällt ein Schuss, und es gibt einen Heiratsantrag. Mit dem Heiratsantrag hat Gerner allerdings nichts zu tun. Und es wird ganz viel Musik in der Jubiläumsfolge geben. Unheilig, Mia, Silbermond, Olly Murs, Rea Garvey, Breitenbach und Aura Dione werden auftreten.

Haben sie nach fast 20 Jahren bei GZSZ nicht mal ans Aufhören gedacht?

Bahro: Nein. Ich glaube, Gerners Geschichte ist noch nicht zu Ende erzählt. Allerdings bin ich froh, dass die Entführung jetzt ein Ende gefunden hat. Anderthalb Jahre der selbe Polt reicht dann auch. Aber sonst gibt es so viele menschliche Konflikte, da gibt es genug Potenzial für neue Storys. Vielleicht sehen wir irgendwann auch einen grauhaarigen Jo Gerner.

Wie reagieren die Leute auf der Straße auf Sie? Hat schon mal jemand gesagt: "In der letzten Folge waren Sie aber zu fies"?

Bahro: Im Gegenteil. Die Leute mögen meine Rolle. Ich glaube, in Deutschland werden Bösewichte gerne gesehen.