Essen. . Anja Reschke, die 39-jährige Chefin des ältesten ARD-Politmagazins, arbeitet sich mit dem Ableger „Panorama - die Reporter“ Richtung Prime Time. Am Dienstag geht es um die „Energiewende: Größenwahn statt Masterplan“ -eine starke Reportage mit etwas zu viel Selbstdarstellung von Reporterin Reschke.

Waren das noch Zeiten, als die Polit-Magazine von ARD und ZDF die Gemüter erregten. Wer sich für Politik interessierte, musste sie gesehen haben, um mitreden zu können. Vorbei. Heute haben die Polit-Talks den Magazinen längst den Rang abgelaufen. Während die ARD-Talks – bis auf Beckmann – überdurchschnittlich gut laufen, liegen die Magazine unterm Schnitt, selbst die Nr. 1 unter den Magazinen, „Panorama“. Doch „Panorama“-Chefin Anja Reschke ist dabei, das älteste Polit-Magazin zu verjüngen.

Die 39-jährige Moderatorin startete im vorigen Sommer einen Ableger des Magazins, das wie nur wenige andere als das TV-Organ der gesellschaftlichen Empörung stand: „Panorama“-Reporter. Reschke setzte, im Gegensatz zur üblichen Machart des Formats, auf ein einziges Thema. Sie will nicht nur die Ergebnisse ihrer Recherche zeigen, sondern auch den Weg dahin. Kurzum: Ihre Reportagen zeigen, wie ein Road-Movie, immer auch ihre Dienstreisen.

Das Publikum liebt sie dafür. Die ersten Ausgaben sendete der NDR in seinem Regionalfernsehen um 22.35 Uhr. Weil Reschkes Reportagen so gut ankamen, zog NDR-Fernsehchef Frank Beckmann die 30 Minüter vor. Am Dienstag skandalisiert Anja Reschke bereits um 21.15 Uhr, in Konkurrenz zum ARD-Serienhit „In aller Freundschaft“, die „Energiewende: Größenwahn statt Masterplan“.

Viele Fragen bleiben offen

Das Thema ist clever gewählt. Es hat bundesweite Bedeutung. Für Zuschauer zwischen Rhein und Sieg besteht der Charme der Sendung darin, dass mit Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) am Sonntag einer der wichtigsten Spieler auf dem Feld NRW-Ministerpräsident werden will. Natürlich setzt Reschke ihn ans Ende ihrer Recherche-Reise.

Am Anfang steht der ehemalige Umweltminister Klaus Töpfer. Er wirft der Bundesregierung vor, keinen Plan zu haben, wie sie binnen zehn Jahren von Atom-Strom auf Bio-Energie umsteigen will.

Tatsächlich zeigt Reschke vor Ort, dass um das „Jahrhundertprojekt“ zwar viel Wind gemacht wird, aber dennoch etliche Fragen offen bleiben. Gelingt der Ausbau der Windparks in der Nordsee so schnell wie versprochen? Wie kann Energie gespeichert werden – und wo? Wie kann die Netz-Sicherheit sichergestellt werden? Welche Veränderungen bringt Biogas-Erzeugung für die Herstellung von Lebensmitteln? Welche Probleme bringt Wasserkraft? Welche Chancen stecken in der Kohle? Und: Kommt die Atomkraft doch noch zurück?

Selbstdarstellung der Moderatorin

Reschke schafft Problembewusstsein. Darin liegt die Stärke der Reportage. Ihre Schwäche liegt darin, dass die vorgebliche Durchsichtigkeit der Recherche ein willkommener Anlass zur Selbstdarstellung der Moderatorin ist. Sie setzt sich ohne Not allzu oft in Szene, so dass in der durchaus gut erzählten Sachgeschichte eine Nebenfigur die Hauptrolle spielt: Anja Reschke. Dabei bringt weniger Eitelkeit mehr Überzeugungskraft.