Essen. Carsten Maschmeyer durfte bei Sandra Maischberger über sein Buch, seine Fehler in der Wulff-Affäre und seinen Erfolg sprechen. Die anderen Gäste fühlten sich und das eigentliche Thema, “Die Welt der Reichen und Schönen: Kein Platz für Verlierer?“, ein wenig vernachlässigt.

Sandra Maischberger hatte es so gut gemeint. Sie wollte das Thema Präsident, aber sie durfte nicht. Als Ausweg schien sich ein Gespräch mit Carsten Maschmeyer anzubieten. Der Finanzjongleur gilt als begnadeter Netzwerker, obendrein hat er gerade ein Buch vorgelegt.

Um sich den Vorwurf platter Promotion für ihren Gast zu ersparen, fragte die ARD-Talkerin allgemein nach Gewinnern und Verlierern in der Gesellschaft. Die wichtigste Erkenntnis am Schluss der Plauderrunde war ihre Selbsterkenntnis.

25 Minuten lang Maschmeyer

Carsten Maschmeyer ist ein schillernder Zeitgenosse. Der 52-Jährige arbeitete sich hoch zum Milliardär. Gemeinsam mit seiner Verlobten, Schauspielerin Veronica Ferres (46), geht er keiner Kamera aus dem Weg – außer der des ehemaligen NDR-Reporters Christoph Lütgert (66), der Maschmeyer unangenehme Fragen stellen wollte.

Bei Maischberger stellte sich Carsten Maschmeyer denn doch. Die Gastgeberin bot ihrem Gast die Gelegenheit, sich 25 Minuten lang im Einzelgespräch einerseits reumütig zu geben und andererseits für sein Buch „Selfmade. Erfolg reich leben“ zu werben.

Nachdem ihm nicht nur das Branchenblatt „prmagazin“ attestiert hatte, er habe „sein Image nachhaltig ramponiert“, übte sich Maschmeyer im Hinblick auf laufende Prozesse gegen sein ehemaliges Finanz-Dienstleistungsunternehmen AWD in Schadensbegrenzung.

Reue und Eigenlob

Seinen Kumpel Christian Wulff, Ex-Ministerpräsident von Niedersachsen und Ex-Präsident der Republik, zum Urlaub in seiner Villa auf Mallorca animiert zu haben, sei „rückwärts gesehen von beiden Seiten ein Fehler“ gewesen. Auch seine Flucht vor Lütgerts Fragen nannte Maschmeyer einen „Fehler“. Zudem versicherte er treuherzig, er sei über jeden einzelnen Fall von schlechter Beratung bei AWD „traurig“.

Zugleich durfte sich Maschmeyer dafür loben, durch „Fleiß und Fortbildung“ nach oben gekommen zu sein. Zudem durfte er versichern, dass er keineswegs kalt berechnend Kontakte zu den Mächtigen in der Gesellschaft knüpfe. Vielmehr seien ihm zunächst „Sympathie“ und „gemeinsame Erlebnisse“ wichtig, fügte Maschmeyer hinzu.

Maischberger hakt nach

Allerdings darf sich Sandra Maischberger zugute halten, keineswegs platte Stichworte geliefert zu haben. Sie wirkte wach und hakte wie eine moderne Zahnärztin prompt nach: Sie lächelte zwar, und dennoch tat es weh. Sie brachte Lütgerts Namen ins Spiel. Sie fragte dem Erfolgsfaktor Vitamin B. Sie wollte wissen, warum Maschmeyer von seiner Partnerin als „Frau Ferres“ sprach.

Schließlich entlockte Maischberger Maschmeyer das Bekenntnis, geliebt werden zu wollen. Er wolle dafür sorgen, dass auch seine Kritiker positiv über ihn denken. „Klingt wie eine Drohung“, entfuhr es Maischberger.

Gäste beschweren sich über Fokussierung auf Maschmeyer

Und die übrigen Gäste? Sie sollten Maschmeyers Positionen kritisch spiegeln. Allerdings saßen auf Maischbergers Couch durchweg übliche Verdächtige, die sich seit Jahren in der Endlos-Schleife deutscher Talkshows befinden. Sozialexperte Rudolf Dreßler (71; SPD) markierte, wie so oft, den Verbraucher-Anwalt, Textil-Unternehmer Wolfgang Grupp (69) gab den ehrbaren Kaufmann, PR-Fachmann Moritz Hunzinger (53) mimte den Kommunikationsstrategen, und Ex-„Bunte“-Chefredakteurin Beate Wedekind (60) wähnte sich als Expertin für Glanz und Gloria, Neid und Missgunst eingeladen.

Doch es sollte anders kommen. Eine gute Viertelstunde vor Schluss der 75-minütigen Runde maulte die gebürtige Duisburgerin, dass vorwiegend über Maschmeyer und kaum über die allgemeine Dimension von Gewinnen und Verlieren gesprochen worden war. Tatsächlich offenbarte die Journalistin, dass sie beides erlebt hat. Bei einem Filmfonds versenkte sie eine sechsstellige Summe. Bei Maischberger zürnte sie ihrer Bank. Dabei musste sie sich von Moritz Hunzinger das hohe Risiko ihrer Investition vorhalten lassen: Das wisse doch „jeder Lehrling bei einer Sparkasse“.

Talk mit mittlerem Erfolg

Schließlich schloss Maischberger den Kreis, indem sie zu Maschmeyer zurückkehrte. Die Talkerin legte ihm einen Fonds für AWD-Geschädigte ans Herz – ohne Erfolg.

Mit mittlerem Erfolg endete der Talk. Selbstkritisch bekannte Maischberger, dass in ihrer Runde über gesellschaftliche Verlierer kaum gesprochen wurde. Immerhin reklamierte sie für sich, über Vorbilder diskutiert zu haben. Vorbildlich war zumindest ihre Interview-Technik.