Essen. Mit der Casting-Show „Das perfekte Model“ will Vox vieles anders machen als Heidi Klums Topmodel-Prototyp “Germany's Next Topmodel“. Karolína Kurková und Eva Padberg beginnen ihre Suche nach der neuen Casting-Schönheit auf die nette Tour. Ohne Freaks kommt das Konzept aber nicht aus: Eine Kandidatin entpuppte sich als Drag-Queen.
Seit Dienstagabend laufen sie nun auch bei Vox – Mädchen mit den erwarteten Maßen, schönen Gesichtern und einem Traum. Sie hoffen darauf, die Casting-Show möge sie irgendwo an die Spitze des Modell-Business katapultieren. „Klar will ich das hier gewinnen“, sagen sie einhellig in jede Kamera. Ehrgeizig, denn immerhin: Bei VOX suchen zwei der heißesten Frauen der Welt nicht bloß das nächste Topmodel für Deutschland, hier wird noch Höheres angestrebt: "Das perfekte Model" soll es sein.
Für dieses hehre Ziel wartet der Privatsender gleich mit zwei international erfolgreichen Jurorinnen auf. Das deutsche Topmodel Eva Padberg und das tschechische Supermodel Karolína Kurková, genannt „KK“ treten an, um schöne Friseurinnen, hübsche Schülerinnen und ausdrucksstarke Gelegenheitsmodelle auf Perfektion zu trimmen.
Wenngleich selbst die Jurorinnen zu Recht befürchten, das mit der Perfektion könne eine Utopie sein, wie Padberg im Interview gegenüber der WAZ-Mediengruppe einräumte. Oder schlimmstenfalls langweilig, denn schließlich braucht es ein gewisses Etwas, um am Ende zu überzeugen, schwärmt Karolina Kurková von ihrer Vision des Siegermädchens.
"Das perfekte Model": hübsche Mädchen mit wenig Glanz
Soweit ist es in der ersten Show von "Das perfekte Model" aber noch lange nicht. Noch haben wir es mit ausnahmslos hübschen Mädchen zu tun, denen bisher wenig Glanz anhaftet. Die wahren Stars der ersten Sendung sind die Jurorinnen, auch wenn sie alles daran setzen, sich nahbar und natürlich zu geben: Die Kamera folgt ihnen bis in die Garderoben, wo Padberg der tschechischen Kurková beibringt, wie es sich auf Deutsch richtig lobt („Du bist schön“, „Du hast schöne Beine“); beim offenen Casting in Köln fahren die Damen mit dem Holland-Rad vor statt mit der Limousine; am Ende verdrückt Kurková gar ein paar Tränen, so mitfühlend gibt sie sich beim Heimwehschub einer Kandidatin.
Ob clever inszeniert oder nicht, dieser schönen Jury kann man die liebe Tour durchaus abkaufen. Keine der Bewerberinnen, deren Casting-Walk über den Vox-Laufsteg es bis ins Fernsehen geschafft hat, wird vorgeführt oder lächerlich gemacht. Statt oberlehrerhafter Jurytöne gibt es bei „Das perfekte Model“ aufmunternde Worte, wenn das mit der erträumten Model-Karriere vielleicht doch nicht der richtige Plan war.
Kurková und Padberg wie zwei Freundinnen im Beauty-Camp
In der ersten Sendung kommt das Topmodel-Doppelpack von "Das perfekte Model" ganz ohne strenge, hochgezogene Augenbrauen einer Heidi Klum bei "Germany's Next Topmodel" (ProSieben) aus, ohne dramatisch-verzögerte Pausen und Close-Ups auf zitternde Kandidatenhände bei Juryentscheidungen, ohne das Spiel mit der Spannung auf Kosten der Kandidaten. Überhaupt will man ganz offenbar vieles anders machen als bei Deutschlands erster Model-Such-Show „Germany’s Next Topmodel“.
Bei erfolgreichen Gesangswettbewerben, wie „X-Faktor“ und jüngst „The Voice of Germany“ haben sich die Macher des Vox-Model-Castings das Prinzip des Coachings abgeschaut. Kurková und Padberg wählen Model-Talente für ihre Teams aus. Wer unterwegs nicht ausscheidet, soll sich so mit Hilfe des jeweiligen Coaches in einen würdigen Finalisten verwandeln. Am Ende liegt es in der Hand des Publikums, das per Telefon-Voting über das perfekte Mädchen abstimmen wird. Ob durch das vollmundig angekündigte „Duell zwischen den Model-Ikonen“ auf der Suche nach der Perfektion die erhoffte neue Dynamik in die Show kommt, bleibt abzuwarten. Bisweilen wirken Padberg und Kurková wie zwei Freundinnen im Beauty-Camp – mit erstaunlich glaubwürdigem Spaß bei der Sache.
Vom Freak zum Mauerblümchen sind alle Casting-Show-Archetypen vertreten
Die Revolution der Casting-Show ist aber auch "Das perfekte Model" nicht. Wie es sich für eine TV-Competition unter dem Joch der Einschaltquote geziemt, setzt man auch hier auf die immer gleichen Casting-Show-Archetypen: Das Küken Jenny, bei dem eben noch Freudentränen kullerten, kann gleich beim ersten Gruppen-Shooting zeigen, was in ihr steckt. Bei Ninas blondem, langem Haar verhilft ein beherztes Umstyling per Schere zum beliebten Vorher-Nachher-Effekt. Die zarte Magali versetzt das erste Blitzlichtgewitter zwar in Schockstarre, aber bisher haben Shows wie diese noch jedes Mauerblümchen in Szene gesetzt, sie darf weiter mitmachen. Und noch mehr altbekannte Typen sind mit von der Partie: Die Ehrgeizige mit zickigen Tendenzen, das Original mit der großen Klappe, die selbstbewusste Natürlichkeit mit Favoriten-Potential. Und vor allem: viele Mädchen von nebenan, die noch zeigen dürfen, was in ihnen steckt.
Immer gern genommen für die Würze einer echten Casting-Show: Der Freak. Diese Rolle spielt in Sendung Nummer eins Keri Jackson – ein überraschendes Laufstegtalent, ist sie doch eigentlich ein Mann. Wenn auch einer, der sich vor seinem Auftritt fürchten muss, die Jurorinnen könnten dies nicht erkennen. Doch ihr Make-up sitzt genauso, wie die unechten Brüste und die blonde Löwenmähne. Auch wenn der Jurorin vor Staunen der Mund offen steht, Kurková ist beeindruckt: „Keine läuft so gut wie du!“ – nach dem ersten Shooting ist für die Drag-Queen aber Schluss. „Das perfekte Modell“ wird auf jeden Fall ein Mädchen sein. Der Auftakt zur Suche nach ihr war, wenn nicht perfekt, so doch vielversprechend.