Essen. . Auf 300 Folgen hat es die RTL-2-Doku „Frauentausch“ inzwischen gebracht. Sie ist die Mutter aller Trashserien. Und ein einzigartiges Format: die erste Sendung, in der einem wirklich alle Leid tun – Darsteller, Macher und Publikum.

Das Problem ist alt: Darf man Trash besprechen? Oder sollte man ihn ignorieren? Ist es albern, im Zeitalter der Ironie Sendungen wie „Frauentausch“ zu kritisieren? Wahrscheinlich. Zumindest, solange man sich mit Moral aufhält. Dass „Frauentausch“ die moderne Version der Freakshow ist – geschenkt. In Sachen Erniedrigung sind das Dschungelcamp und Teile von DSDS schlimmer. Auch 100 Seiten Feuilletonkritik werden diese Shows nicht abschaffen. Die Aufregung wird das Phänomen eher verstärken.

Das Traurige an „Frauentausch“ ist auch nicht (primär) die Ausnutzung schlicht gestrickter Menschen. Es ist vielmehr die Ödheit seines vermeintlichen Humors. Und die Lawine von Nachahmern, die diese Sendung losgetreten hat. „Frauentausch“, „Schwiegertochter gesucht“ oder „Bauer sucht Frau“ – Formate wie diese laufen nach den immer gleichen Mustern ab. Da ist, allen voran, der süffisante Kommentar, der die Fehltritte der Darsteller aus dem Off begleitet und in peinlich-überoffensichtlichen Wortspielen „verstärkt“. Unfreiwillig weckt er Erinnerungen an den Klassenstreber, der einem früher Ellbogen-pieksend die Pointe eines unlustigen Witzes erklärt hat: „Pfundskerl! Weil dick! Verstehste?“

Da sind die C-Promis, deren ursprüngliche Funktion vergessen ist

Bei Specials und Rückblicken kommen die unvermeidlichen „Sendergesichter“ hinzu – C-Personal wie Monica Ivancan oder Mickie Krause, deren ursprüngliche Rolle mittlerweile in Vergessenheit geraten ist und deren einzige Funktion nun darin besteht, Filmkonserven zu kommentieren. Wenn sie nicht Sätze sagen wie „Den Song fand ich damals unheimlich kultig!“, machen sie sich über Leute lustig, die bei genauer Betrachtung exakt ihr Stammpublikum sind. Da mag Mickie Krause die Strapse tragende Hausfrau noch so unattraktiv finden – die einzige CD, die sie im Regal hat, ist höchstwahrscheinlich seine.

Auf Zuschauerseite hat „Frauentausch“ einen Trend verstärkt, den es seit der ersten „Big Brother“-Staffel gibt – den des „ironisch-aufgeklärten“ Guckens. War die Sendung anfangs (vor immerhin acht Jahren) ein reines Prekariatsphänomen, wird sie inzwischen auch bei jungen Leuten mit höherer Bildung geschaut. Clips werden tausendfach bei Facebook weitergeleitet, kommentiert und per Daumen als „Kult“ befunden. Wer das Ganze unlustig findet, gerät schnell unter Verdacht, die Ironie nicht zu verstehen oder generell verhärmt zu sein.

Das alles bedeutet natürlich nicht, dass man Trash ablehnen sollte oder muss. Im Gegenteil. Wer würde den Spaß leugnen, den man mit einem Godzilla-Film, einem Boyband-Song oder den bizarren, handlungslosen Stadtteilporträts auf Center TV haben kann? Aber guter Trash ist unbewusst. „Frauentausch“ und viele seiner Epigonen versuchen dagegen, den Charme des versehentlichen Trashs durch den des gewollten zu ersetzen. Und das funktioniert so gut wie nie.