Frankfurt. . Regisseur Rolf Silber reißt der Finanz-Branche in seinem Film „Männer ticken, Frauen anders“ die Maske vom Gesicht. Dahinter verbirgt sich eine von Gier verzerrte Fratze. Silber weiß, wovon er redet.

„Männer ticken, Frauen anders“ (Donnerstag, 20.15 Uhr, ZDF) sollte ein Film über den Geschlechterkrieg im Job werden. Tatsächlich wurde es ein Film über den Zynismus von Rating-Agenturen, die der Euro-Krise Schwung gegeben haben. Regisseur Rolf Silber kennt sich, wie er Jürgen Overkott erzählte, in der Finanzbranche bestens aus: Er stammt aus einer Frankfurter Banker-Familie.

Haben Sie hellseherische Fähigkeiten?

Rolf Silber: In Sachen Finanzkrise? Na ja, ich vergleiche die Branche mit einem Lehrerzimmer. Viele Sachen sind da in Ordnung, aber oft gibt es da auch Schmu. Nur: Man kann es nicht oder zumindest nur schwer beweisen. Dass es aber in der Finanzwelt so knallt, wie wir es jetzt erleben, war nur schwer zu ahnen.

Aber Sie sind doch gelernter Bankkaufmann…

Rolf Silber:…ich komme sogar aus einer Bankkaufmanns-Familie, ein ganz, ganz konservativer Verein. Mein Vater sagte immer: „Uns gibt es nur, weil wir Dienstleister für die Realwirtschaft sind.“ Dass die Banken anfingen, aus freien Stücken mit den Finanzen zu jonglieren, war meinem Vater zuwider.

Sie haben in der Finanzbranche recherchiert. Was haben Sie entdeckt?

Rolf Silber:Ein Bankkaufmann hat mir mit Frankfurter Mauligkeit erzählt: „Da verkaufe ich am Freitag eine Lehman-Aktie mit Triple-A-Rating, und am Montag komme ich ins Büro, und der ganze Scheiß ist nichts mehr wert. Wer spinnt denn hier?“

Die besten Krimis schreibt die Börse.

Rolf Silber:Die Realsatire ist noch viel größer. Nehmen Sie die Namen der größten Rating-Agenturen: Die größte heißt „Fitch“, Wiesel, die nächstgrößte heißt „Moody’s“, mürrisch, und die dritte heißt „Standard & Poor“, Gewöhnlich und Arm. Hallo? Die Realität macht ja noch plattere Jokes als wir.

Jeden Cent wert

Das einzig Bescheuerte an der bissigen ZDF-Farce ist der Titel: „Männer ticken, Frauen anders“ irritiert. Sonst gelingt Rolf Silber (Buch und Regie) alles. Er zeigt eine Rating-Agentur, gegen die ein Piranha-Becken ein Kuschelzoo ist. Das Lachen bleibt auch dank starker Darsteller im Hals stecken. Der Film ist jeden Cent Gebührengeld wert.

Hat der Geschlechterkampf der Finanzkrise zusätzlichen Schwung gegeben?

Rolf Silber:In der Finanzwirtschaft zumindest ist der Geschlechterkampf klar zugunsten der Männer entschieden. Ich bin zwar nicht der Ansicht, dass es Frauen prinzipiell besser können. Aber es macht einen schon nachdenklich, dass der Frauen-Anteil in den deutschen Vorstandsetagen bei nur sechs Prozent liegt. Im „Spiegel“ gab’s mal einen treffenden Artikel mit dem Tenor: „Die besten Karrieren werden beim Pinkeln gemacht.“

Was halten Sie von einer Frauen-Quote im Vorstand?

Rolf Silber:Ich finde die Diskussion gut. Der gesellschaftliche Druck ist gut. Frauen sind zwar generell nicht die besseren Wesen, bringen aber oft mehr Sozialkompetenz mit.

Apropos Sozialkompetenz. Erst wollte sich der Deutsche-Bank-Chef Ackermann im Ersten einem Interview stellen, doch dann hat er sich vom Acker gemacht.

Rolf Silber:Es ist schon lustig: Er sagt zwar, er nimmt kein öffentliches Geld, aber die sieben Milliarden von der amerikanischen Regierung für (den Versicherer) AIG hat er schon gern genommen. Es gibt so ein schönes altmodisches Wort, das heißt Demut, eine gewisse Vorsicht beim Auftreten…

Genau das hat das öffentliche Unbehagen angeheizt.

Rolf Silber:Ich war bei der Occupy-Wall-Street-Bewegung in Frankfurt. Und auch wenn da manches unausgegoren und naiv war – man sollte den Impuls ernst nehmen.