Essen. Normal ist langweilig. Und darum wird bei DSDS fleißig am Image der Kandidaten gebastelt. Schlagerprinzessin trifft auf ungelenken Tanzbären, und das blonde Biest zofft sich mit der zickigen Diva. Aber nicht jeder der jungen Kandidaten verkraftet das heitere Rollenspiel.

Die Ansage war deutlich. „Stimme allein reicht mir nicht. Ich will auch Persönlichkeit sehen“, hatte Chef-Juror Dieter Bohlen für die aktuelle Staffel von Deutschland sucht den Superstar (DSDS) angekündigt. Schließlich läuft mittlerweile die sechste Ausgabe im deutschen Fernsehen. Und ganz ehrlich: Wer kann sich noch an Nektarios Bamiatzis oder Judith Lefeber erinnern?

„Stimme allein reicht mir nicht. Ich will auch Persönlichkeit sehen“, hatte Chef-Juror Dieter Bohlen für die aktuelle Staffel von Deutschland sucht den Superstar (DSDS) angekündigt. Foto: ddp
„Stimme allein reicht mir nicht. Ich will auch Persönlichkeit sehen“, hatte Chef-Juror Dieter Bohlen für die aktuelle Staffel von Deutschland sucht den Superstar (DSDS) angekündigt. Foto: ddp © ddp

Immer schneller verschwinden die Kandidaten nach ihrer Kurzzeit-Karriere wieder in der Versenkung. Oder finden sich auf den Bühnen von Kleinstadt-Festen wieder. Was ja ungefähr das Gleiche ist.

Kandidaten mit Persönlichkeit gesucht

Also, her mit hoffnungsvollen Gesangstalenten von Format, mit Persönlichkeit! Da die allerdings bei den zum Teil recht jungen DSDS-Bewerbern noch nicht so ausgeprägt ist, wird kurzerhand am Image gebastelt.

Denn der Schwerpunkt der Castingshow liegt längst nicht mehr nur auf der Musik. Die Kandidaten wohnen gemeinsam in einer Villa – und der Zuschauer wird über alle Höhen und Tiefen im Alltag der potenziellen Superstars auf dem Laufenden gehalten. Dabei erinnert die Show mittlerweile eher an das Drehbuch für einen Teenie-Film, als an einen ernst zu nehmenden Talentwettbewerb. Zarte Romanzen und Zickenkrieg inklusive.

Der Knuddelbär: Holger Göpfert (c) RTL / Stefan Gregorowius
Der Knuddelbär: Holger Göpfert (c) RTL / Stefan Gregorowius

Die Rollen sind klar besetzt und werden im Laufe der Staffel deutlich herausgearbeitet: vom überdrehten schwulen Paradiesvogel über den romantische Schmusesänger in James-Blunt-Optik bis zum hässlichen Entlein, das sich zum schönen Schwan mausert.

Das Persönlichkeits-Roulette

Bei der Image-Verteilung können die Kandidaten Glück haben. Wie die 16-jährige Vanessa. Seit sie beim Casting „Sag mir Quando, sag mir wann“ trällerte, ist sie auf Schlager abonniert. Das heißt: Sie darf zu jeder Mottoshow im lustigen Petticoat über die Bühne hüpfen und dudelt mit Honigkuchenpferd-Grinsen Hits wie „Er gehört zu mir“ oder „Über den Wolken“. König-von-Mallorca Jürgen Drews sagt „Ich bin ein Fan von ihr“ und hat die Schlagerprinzessin bereits zu sich nach Hause eingeladen. Fans halten „Wir lieben Vanessa“-Schilder in die Höhe - und RTL veröffentlicht prompt einen Beitrag über sie mit dem Titel: „Der Schlager boomt wieder in Deutschland!“

Das blonde Gift: Annemarie Eilfeld. Foto: ap
Das blonde Gift: Annemarie Eilfeld. Foto: ap © AP

Kandidat Holger hat es da ein wenig schlechter getroffen. Er ist der lustige Dicke. Der Bayer sagt Sachen wie „Ich liebe die Franken, ich liebe das Essen.“ Nach dem Motto „weniger Talent, mehr Traute“ wirbelt er als Stimmungskanone über die Bühne und versucht so seine stimmlichen Defizite auszubügeln.

Dabei ist er sich für keinen Spaß zu schade. Vor laufenden Kameras spaziert er mit Schwimmflügelchen ins Schwimmbad, um dort sein Seepferdchen zu machen. Dieter Bohlen nennt ihn dafür zärtlich „Gute-Laune-Bär“ oder „mein kleiner Forrest Gump“ und stellt fest, dass seine Tanzschritte aussehen wie „Kniebeugen im Gurkenfeld“. Aber: Das Publikum ist begeistert von dem fröhlichen Franken. Oder besser gesagt seinem Image.

Pechvogel im Persönlichkeits-Roulette ist eindeutig Annemarie. Die 18-Jährige spielt die Rolle des blonden Gifts. Erscheint sie im Bild, gibt es Stress. Entweder werden Szenen gezeigt, in denen sie über ihre Konkurrenten lästert. Oder ihre Mitstreiter äußern sich im Interview abfällig über sie.

Kein einfaches Los. Denn die DSDS-Fans hat sie damit nicht auf ihrer Seite. Das geht sogar soweit, dass die Zuschauer Annemarie während der Mottoshow ausbuhen. „Ich habe mich gefühlt wie ein Drecksschwein“, kommentiert sie die Verbal-Attacke nach ihrem Auftritt. Und so sieht man statt einer selbstbewussten Sängerin ein trauriges Mädchen, das sagt: „Jeder muss sich ja hier eine Personality aufbauen. Und meine ist jetzt das Zicken-Ding. Ob’s mir gefällt oder nicht.“

Spurlos geht das Rollenspiel jedenfalls nicht an der 18-Jährigen vorbei. „Migräne- und Übelkeitsattacken deuten darauf hin, dass selbst die scheinbar ehrgeizigste DSDS-Fighterin diesen Kampf auf Dauer nicht durchhalten kann“, stellt der Sender RTL dazu selbst auf seiner Homepage fest.

Was für ein trauriges Spiel.

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DSDS-Chef-Juror Dieter Bohlen. Foto: ddp
DSDS-Chef-Juror Dieter Bohlen. Foto: ddp © ddp
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Daniel Schuhmacher. Foto: ap
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Vanessa Neigert. Foto: ap
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Sarah Kreuz. Foto: ap
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Dominik Büchele. Foto: ap
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Holger Göpfert. Foto: ap
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