Düsseldorf. Nicht nur Heidis Mädchen haben mit Formschwankungen zu kämpfen, auch die Qualität der Jobs, die den Kandidatinnen angeboten werden, schwankt stark. Westropolis-Autor Ingo Juknat hat von Heidi gelernt - er weiß, wie wichtig Disziplin ist und berichtet auch aus dem Urlaub.

Bei "Germany's next Topmodel" wird gerne über Formschwankungen geredet. Darüber, dass die Models eine Prüfung meistern, bei der nächsten patzen und wie unprofessionell das ist. Dabei vergisst Heidi Klum, dass ihre eigene Sendung selbst extrem schwankt. Siehe gestern. In derselben Folge sehen wir erst ein C-Shooting für Joghurette, dann eine Fotoserie von Rankin, einem der angesehensten Modefotografen der Welt. Das ist ungefähr so, als guckten Sie erst „Alarm für Cobra 11“ und dann zwei Stunden Lars von Trier.

Seilchen springen und Hula-Hoop

Los ging's allerdings mit einem Laufstegtraining im Nachtclub. Gaststar war ein Model der Unterwäschemarke „Victoria's Secret“. Erwartungsgemäß war hier Sexyness gefragt. Vielleicht sollten Klum & Co. sich langsam überlegen, welche Art von Model sie eigentlich suchen. Jemand, der „C&A“-kompatibel ist, ein Bikini-Model oder ein neues Gesicht für die Schokoladenpackung? Alles zusammen geht nicht. Kaum verwunderlich jedenfalls, dass das Joghurette-Model Marie bei Starfotograf Rankin komplett durchfiel. Der wiederum lobte Maria in höchsten Tönen, die bei der Joghurette nicht mal abbeißen durfte.

Das Schoko-Shooting hatte ohnehin mehr Ähnlichkeit mit einer Dressurnummer als mit einem Foto-Casting. Für erfolgreiches Seilchenspringen und ein geschmeidiger Umgang mit dem Hula-Hoop-reifen gab es einen Schokoriegel. Schöön gemacht. Da wäre es nur konsequent gewesen, wenn der Fotograf die Joghurette auf der Nasenspitze der Nachwuchsmodels platziert hätte. Stattdessen hieß es bloß: reinbeißen. Was der Seilchen-Test eigentlich sollte, blieb offen.

Im Regen mit Rankin

Nebenbei bemerkt, Schoko-Gewinnerin Marie macht mir langsam Angst. Erstens, weil ich fürchte, vor dem Bildschirm an Überzuckerung zu sterben und zweitens, weil dieses Mädchen redet, als hätte sie ein ganzes Regal voller Gehirnwäschebücher zum Thema „Positive Thinking“ zuhause. Ständig sagt sie, alles sei aufregend und schön, kleine Dämpfer müsse man hinnehmen, man müsse nach vorne schauen, tatfreudig sein, einen guten Eindruck hinterlassen. Ächz. Da ist ja sogar Florian Silbereisen mehr Punk.

Die Stromlinienförmigkeit der Kandidatinnen kommt natürlich nicht von ungefähr. Anpassung ist erste Bürgerpflicht in Heidis Windkanal. Das weiß man seit vier Staffeln. Konkret gesagt: Beim Dessous-Shooting im Dauerregen mit Star-Fotograf John Rankin wird nicht gezittert, sondern sexy geguckt. Kunden widerspricht man nicht. Chancen kann man ergreifen oder jammern. Wenn Du's nicht machst, macht's eine andere. Und so weiter. Das Fernsehen als Schule der Disziplin.

Wer weiß, vielleicht ist das ja alles richtig. Vielleicht ist GNTM die richtige Kaderschmiede in harten Zeiten. Der Ellbogentrainer in der Jobschlange. Aber ich hab da meine Zweifel.

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