Essen. . Als Models sollten sie eigentlich die neuesten Kreationen der Designer präsentieren. Stattdessen aber verwertet ProSieben Topmodel-Aspirantinnen wie Rebecca Mir, Sara Nuru und Lena Gercke als Reporterinnen wieder - mit mäßigen Ergebnissen.

ProSieben baut sich scheinbar seine eigene Reporterinnen-Fabrik auf. Aus den Kandidatinnen von „Germany’s next Topmodel“ rekrutiert der Sender Mitarbeiter für andere Formate. Aktuelles Beispiel: Rebecca Mir. Die Zweitplatzierte berichtet in der ProSieben-Sendung „taff“ als „Alm“-Reporterin von den Ereignissen, die hinter den Kulissen der Show im Dschungelcamp-Stil vor sich gehen.

Aber war nicht eigentlich eine Karriere auf dem Laufsteg und vor den Kameras der Modefotografen geplant? Gut, wenn man den zweiten Platz belegt, ist das vielleicht etwas anderes und wie hat Modelmama Heidi Klum immer gesagt: Als Model muss man vielseitig sein und in die verschiedensten Rollen schlüpfen können.

Stocksteif und unsicher

Rebecca Mir schlüpft also gleich mal in einen anderen Beruf. Und „Rolle“ passt hier doch ziemlich genau. Denn die 20-Jährige spielt eher, als tatsächlich Moderatorin zu sein. Stocksteif und unsicher spricht sie die auswendig gelernten Ansagen in die Kamera. Statt Professionalität gibt es Slang und nur bei Sätzen wie „Hier oben ist es voll krass“ wirkt Rebecca authentisch.

Aber viel war eigentlich auch nicht von der Zweitplatzierten zu erwarten. Im Vorhinein kündigte sie an, noch keinerlei Erfahrungen im Interviewen oder Moderieren zu haben. Als Vorbereitung wolle sie sich Beiträge der Sendung „taff“ ansehen. Und außerdem: Bei „Germanys next Topmodel“ wurde ja auch ständig interviewt. Da konnte man sich ein bisschen was abgucken.

Das soll als Übung reichen?

Leider tut es das nicht. Glücklicherweise scheint der Sender das zu merken und macht Rebecca zur Video-Clip-Ansagerin. Ein kurzes: „Die Alm wird voll zum Mode-Mekka. Ich habe mir die spannendsten Trends der Stars einmal angesehen“ und schon kommt der Einspieler. Immerhin hat dieser dann doch im Entferntesten noch etwas mit dem Bereich Mode zu tun ...irgendwie. Trends der großen Designer aufspüren und präsentieren oder Trends der Alm-bewohnenden F-Prominenz beobachten und in die Kategorien „Tischtuch-Style“, „Unterhose“ und „Zwei Pyjamas übereinander“ einordnen - ist ja beinahe dasselbe.

Backstage-Reporterin in der Fastfood-Bude

Rebecca Mir ist nicht die einzige, die nach der Castingshow statt nach Mailand, Paris oder New York zu jetten, mit einem Mikro ausgestattet vor die ProSieben-Kameras tritt. Backstage-Reporterin heißt das Stichwort und der Job, den auch Sara Nuru, Gewinnerin der vierten Staffel von 2009, und Lena Gercke, Gewinnerin der ersten „Topmodel“-Staffel 2006, haben.

Sara Nuru taucht als Backstage-Reporterin immer wieder bei „taff“ und „red“ auf und berichtet entweder von der teuersten Currywurst, die es vergoldet in New York gibt oder über das Geschehen an roten Teppichen rund um Mode-Events. Immerhin lockerer als Kollegin Rebecca Mir. Doch bestimmt würden einige sie lieber als Teil eines Beitrages über Mode in der amerikanischen Metropole sehen und nicht als Mikro-schwingende Testerin der dort ansässigen außergewöhnlichen Fastfood-Buden.

Die blonde Lena, das erste deutsche Casting-Topmodel, hat wohl mittlerweile die meisten Erfahrungen als Moderatorin gesammelt. Seit 2009 ist sie für die österreichische Version von Heidi Klum bei „Austria’s next Topmodel“. Für die Finalshow der deutschen sechsten Staffel 2011 kam sie zurück - als Backstage-Reporterin natürlich.

Schönheit vor Talent

Worthülsen, eine unbeholfene Art, hakelige Moderationen, aber immerhin: ein hübsches Gesicht. Und genau darum geht es ProSieben. Die Prominenten, die man praktischerweise in den eigenen Formaten kreiert hat, kann man ja noch einmal benutzen. Das ist das ganz einfache Prinzip der Wiederverwertung. Wofür einen fähigen Reporter anheuern, wenn man doch statt mit Können auch mit Wiedererkennungswert punkten kann?

Ob also Rebecca, Lena oder Sara das Talent für den Part der Reporterin nun haben oder nicht, spielt keine große Rolle. Sie sind bei den Fans und Zuschauern des Formats bekannt. Sie ziehen dasselbe Publikum an wie die Model-Shows. Für Pro-Sieben heißt das: Die tausenden von Zuschauern, die damals Heidis Model-Macher-Show verfolgt haben, die ziehen wir jetzt eben mit auf die Alm.

Schönheit vor Talent - was im Modelgeschäft ein weit verbreitetes Vorurteil ist, findet hier, mit Sprechrolle vor den Kameras, leider eine deutliche Bestätigung. Und vielleicht darf der Zuschauer bei einem Lifestyle-Magazin nicht mehr Können bei den Reportern erwarten. Dafür gibt’s, in einem schönen Kleidchen, die hübschen Gewinnerinnen der Topmodel-Staffeln.