Essen. Trainer-Legende Udo Lattek beendet seine scheinbar ewige Karriere als TV-Experte. Mit einem „Doppelpass“ bei Sport1 nimmt er am Sonntag Abschied – nach 16 Jahren und 800 Sendungen.

Dem Anpfiff um elf folgt zwei Stunden später der Abpfiff, der allerletzte Abpfiff: Trainer-Urgestein Udo Lattek sitzt am Sonntag zum letzten Mal im „Doppelpass“, dem Fußball-Stammtisch des TV-Senders Sport1.

Nach 16 Jahren, 800 Sendungen, unendlich vielen Diskussionen mit Trainern, Funktionären und Sportjournalisten, sowie wahrscheinlich noch mehr Anekdoten aus Latteks über 50 Jahren im Profifußball ist Schluss. „Udo Lattek ist einmalig und nicht eins zu eins zu ersetzen. Wir werden seinen Job auf mehrere Schultern verteilen“, sagt Alexander Rösner, Chefredakteur von Sport1. Udo Lattek ist einer von den Fußball-Experten, auf die TV-Sender in ihrer Berichterstattung gerne setzen. Während bei anderen Themen, wie beispielsweise Steuern, Wetter oder Rente, gerne Doktoren oder Professoren für Hintergründe, Einordnungen und Analysen vors Mikro geholt werden, übernehmen diesen Job im Fußball Ex-Spieler und Ex-Trainer. Und das, obwohl der Sport mit seinen Taktik- und Spielsystemen längst eine Wissenschaft ist. Bei der allerdings fast jeder mitreden kann. Und will es auch!

"Hohe Glaubwürdigkeit"

„Der Fußball-Experte transportiert in erster Linie hohe Glaubwürdigkeit. Die Zuschauer glauben demjenigen am meisten, der in seiner aktiven Zeit selbst am erfolgreichsten war“, erklärt Sport1-Mann Rösner. Wie Multi-Weltmeister Franz Beckenbauer für Sat.1 und Sky. Wie die ehemaligen Nationalspieler und zigfachen Bayern-Titelsammler Oliver Kahn für das ZDF und Mehmet Scholl für die ARD. Wie schließlich Meistertrainer Udo Lattek für Sport1. Bei Lattek hören die Zuschauer dann gerne und genau hin, wenn der 76-Jährige aus dem Nähkästchen plaudert. Wie war das Training beim FC Barcelona mit der großartigen Zwerg-Diva Maradona? Wie hat er eine Mercedes-Limousine als Extraprämie beim BVB rausgeschlagen? „Ich habe auch das Geld immer genommen. Ich wollte ja niemandem wehtun“, beendet Lattek diese Anekdote gerne.

Wichtig für die Fußball-Experten, neben sprachlichen Fähigkeiten, Schlagfertigkeit und Ausstrahlung: „Sie sollen eine Meinung haben und polarisieren“, erklärt Sat.1-Sportchef Sven Froberg. Sein Sender beschäftigt für die Champions League das beste Beispiel: Fußball-Kaiser Beckenbauer. „Der darf auch mal skurril sein. So ist der Franz eben“, sagt Froberg. Beckenbauer ist angenehm allwissend und dazu schmerzfrei.

Disziplinlose Jogger

Seine Ehrenpräsidentschaft bei seinem FC Bayern hält ihn nicht davon ab, Spieler nach schwachen Leistungen als „disziplinlose Jogger“ zu beschimpfen. Der Franz motzt auch mal gerne über die Europa League. Dabei ist ihm egal, dass sein Sender Sat.1 diesen „Cup der Verlierer“ überträgt. „An solchen Aussagen reiben sich die Zuschauer“, sagt Sat.1-Sportchef Froberg.

Parade-Sendung für Fußball-Experten ist die montägliche Spieltaganalyse auf Sport1. Bei der sezieren die Ex-Profis Thomas Helmer und Thomas Strunz mit Gästen, pädagogisch wertvoll wie lehrreich, Tore und Spielzüge vom Wochenende. „Die beiden sind richtig gut“, sagt einer, der es wissen muss. Jürgen Klopp. Fußball-Fachmann. Ehemaliger Fußball-Experte beim ZDF und bei RTL. Und seit kurzem Meistertrainer.