Köln. . Stefan Raab hat den tot gesagten ESC zu neuem Leben erweckt. Doch der zehnte Platz seines Schützlings Lena Meyer-Landrut in Düsseldorf war für ihn ein Warnschuss. Jetzt wirft Raab hin. Die Nachfolge ist offen.

Beim ESC war Raab Stefan Allmächtig. Er vereinte alle wichtigen Funktionen in seiner Pesron. Er war der Moderator der Song-Auswahl für die vom ihm gesetzte Titelverteidigerin Lena. Er war der Präsident der Jury. Er schrieb Songs für Lena. Und obendrein produzierte der TV-Tausendsassa auch noch ihr Erfolgsalbum "Good News". Raabs Managerin Gaby Allendorf sagte dem Nachrichtenportal DerWesten, er ziehe sich von diesen Aufgaben zurück.

Im Gespräch mit dem Kölner Branchendienst „kress.de“ hatte Raab seine Entscheidung so verkauft, als könne er das Finale von Düsseldorf nicht mehr toppen und ziehe sich deshalb zurück: „Das Eurovision-Song-Contest-Finale 2011 in Deutschland war der absolute Höhepunkt meiner ESC-Karriere“, so Raab zu „kress.de“. „Ich habe mich entschlossen, die künstlerische und inhaltliche Verantwortung für die deutsche Teilnahme weiterzugeben. Ich werde künftig also nicht mehr als Moderator, Juryvorsitzender, Komponist oder musikalischer Produzent mitwirken.“

Der Moderator, Entertainer und TV-Macher hat den ESC aus deutscher Sicht wiederbelebt und ihm nach vielen Jahren musikalischen Misserfolgs neue Relevanz eingehaucht. Er organisierte im Vorjahr die Casting-Reihe „Unser Star für Oslo“. Lena Meyer-Landrut gewann zunächst die Vorauswahl und, völlig überraschend, den ESC in der norwegischen Hauptstadt. Raabs Einsatz bescherte dem ESC Top-Quoten, die das mäßige Publikumsinteresse an der Schlagersause in früheren Jahren vergessen machten. Zweimal hintereinander, 2010 und 2011, waren es die Quoten, die sonst nur für die Fußballnationalelf erzielt.

Zugleich landete Lena beim Heimspiel in Düsseldorf aus Raabs Sicht nur auf Platz zehn. Der bekennende Wettkampftyp hatte sich, wie es heißt, mehr erhofft. Da Überraschungssieger wie Ell & Nikki aus Aserbaidschan überdeutlich klar machen, dass der ESC eine Art Musik-Lotto ist, weiß ein Raab, wie groß das Risiko des Scheitern ist. Und diesen Makel kann der König Midas des deutschen Unterhaltungswesens so gut gebrauchen wie ein Bauer Schneestürme im Hochsommer.

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So fiel schon in der Finalnacht auf, dass die Bekenntnisse zu einer weiteren Zusammenarbeit von Brainpool, ProSieben und der ARD ungewöhnlich vage ausfielen. Raab mochte sich auf Anfrage von „DerWesten.de“ selbst am Tag darauf nicht äußern. Er müsse erst mal Schlaf nachholen, erklärte Raab-Managerin Allendorf.

Raabs persönliche Entscheidung fällt in die Gesprächsphase, in der ARD und ProSieben eine mögliche Fortsetzung ihrer Zusammenarbeit für den ESC 2012 erörtern wollen.

‘Unser Star für...’ könnte weiter Grundlage sein für Vorentscheid

Mit seiner Produktionsfirma Brainpool TV steht Raab den Sendern laut „kress.de“ weiter zur Verfügung. „Ich würde mich freuen, wenn das von uns entwickelte Fernsehformat ‘Unser Star für...’ auch weiterhin Grundlage für den deutschen Vorentscheid ist. Darüber werde ich in den nächsten Wochen mit den beiden Sendern ARD und ProSieben sprechen. Selbstverständlich werde ich die Idee des Eurovision Song Contest in meinen Sendungen auch zukünftig unterstützen und begleiten. Zudem werde ich mich bei meinen Kollegen aus der deutschen Musikszene, die auch zum Teil ja bereits in der Jury von ‘Unser Star für Oslo’ mitgewirkt haben, dafür einsetzen, dass sie den deutschen Beitrag zum ESC künftig auch inhaltlich verantwortlich mitgestalten.“


ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber erklärte, der Kölner Unterhaltungsprofi sei "ein kluger Mann". Raabs Rückzug schließe eine weitere Zusammenarbeit von Erstem und ProSieben nicht aus. Er würde sich freuen, wenn Raab den Vorentscheid mit seinem Rat weiter unterstütze. So sei es denkbar, dass der Entertainer weiter zur Jury gehöre. "Den Jury-Vorsitz könnte ein bekannter Musiker übernehmen." Das Format "Unser Star für..." solle weiterentwickelt werden.

NDR Intendant Lutz Marmor: "Ich danke Stefan Raab sehr herzlich für die hervorragende Zusammenarbeit, die immer professionell, kollegial und von großem Spaß an der Sache geprägt war. Stefan Raab war maßgeblich an dem Erfolg von Lena, am Gewinn des Eurovision Song Contest 2010 und an der überaus erfolgreichen Austragung in diesem Jahr in Düsseldorf beteiligt, insbesondere an dem grandiosen Opening Act." ARD, ProSieben und Brainpool überlegen Marmor zufolge "in aller Ruhe", wie es mit dem deutschen Vorentscheid im kommenden Jahr weitergehe.

ProSieben-Sprecher Christoph Körfer dankte Stefan Raab im Gespräch mit DerWesten.de "für zwei wunderbare Eurovision-Songcontests". Der Münchner Privatsender freue sich "auf neue Projekte mit dem besten Entertainer Deutschlands".

Der Vorhang zu und viele Fragen offen.