Dortmund. . Sein letztes Werk kann Adolf Winkelmann zu seinem 65. Geburtstag so richtig genießen: die Video-Installation am Dortmunder U. Doch er hat noch mehr erreicht in seinem Leben. Der vielfach preisgekrönte Filmemacher sagt, er sei seiner Zeit voraus gewesen.
Es gibt zwei Arten von Filmen: mit und ohne Publikum. Adolf Winkelmann hat sich für die mit Zuschauern entschieden, selbst und gerade bei seinem letzten Werk: der Video-Installation am Dortmunder U. Sie ist ein Geschenk des Regisseurs an seine Stadt, der Blick darauf ist kostenlos. Winkelmann beschenkte sich aber auch selbst. Jetzt, gut ein Jahr nach der Einweihung, kann er die Installation genießen, ein Präsent zum 65. Geburtstag am Sonntag.
Wir treffen uns aber nicht im ehemaligen Brauerei-Turm, der mit Bahnhof und Bibliothek das urbane Dreieck der Stadt bildet, sondern gegenüber in der ehemaligen Verwaltung der Union-Brauerei. Heute wird der Bau als Hotel genutzt, Hotel Unique, der Name ist Programm. „Allein das Foyer“, schwärmt Adolf Winkelmann, wie so oft in erdigem Tweed und Cord, in der Raucher-Lounge, „vereint das alte und das neue Ruhrgebiet.“ Marmor, Gold, verschwenderisch große Freitreppe. „Das zeigt, welches Selbstbewusstsein die damaligen Brauerei-Besitzer hatten – und welches Selbstverständnis die heutigen türkischen Inhaber“, sagt Winkelmann und lässt Rauch einer selbstgedrehten Zigarette aufsteigen.
Geschenke aus Dortmund
Auf der anderen Straßenseite könnten wir sehen, wie sich die Schauspielerin Caroline Peters, oben am U, mit einem Kinderwagen abmüht – hätte die Stadt Dortmund nicht vorsichtshalber ein Krankenkassen-Gebäude zwischen Hotel und U entstehen lassen. Das Filmchen mit dem Serien-Star ist, wie die übrigen 89, ein Hingucker. „Eine Frau, die morgens mit ihren Kindern zur Kita unterwegs ist, versucht am Bahnhof immer die Rot-Phase zu erwischen, damit sie einen Blick aufs U werfen kann“, sagt der Film-Professor stolz. „Und ich weiß von Bahnreisenden, dass sie sich auf dem Weg von Köln nach Dortmund auf die rechte Zug-Seite setzen, damit sie das U sehen.“
U-Filme seit Mai 2010
Seit Ende Mai vorigen Jahren laufen Winkelmanns Filmschleifen, sogenannte Loops, am U, das das Stadtbild wie sonst nur das Stadion prägt. „Die Filme“, streut Winkelmann augenzwinkernd ein, „waren das Einzige am U, das weniger gekostet hat als veranschlagt.“ Fünf Millionen standen bereit, im Vergleich zur Turm-Sanierung eine Handvoll Euro. Beim U sollen es inzwischen mehr als 83 Millionen sein.
Auch interessant
Für Winkelmann war das Projekt eine willkommene Ablenkung, nachdem er in der Gefahr stand, wegen des Erfolges von „Contergan“ zu einer Art Dr. House der deutschen Filmszene zu werden: „Sie glauben gar nicht“, plaudert Winkelmann amüsiert, „wie viele Ärzte mir vorgeschlagen haben, einen Film über seltene Krankheiten zu machen.“
Da ließ sich Winkelmann lieber vom U-Fieber anstecken. Was der vielfach preisgekrönte Filmemacher nicht wusste: Es gab Risiken und Nebenwirkungen. Inzwischen kann Winkelmann darüber lachen: „Bei der Zusammenarbeit mit der Stadt hatte ich oft das Gefühl, in einer Komödie gelandet zu sein.“ Inzwischen hat Winkelmann seine Erfahrungen mit der Wunderwelt der Behörden verarbeitet. Im Herbst präsentiert er sie der Öffentlichkeit als Buch und, mehr noch, im Dortmunder Schauspielhaus als Theater-Farce. U, du Fröhliche.
„Ich war meiner Zeit voraus“
Während viele Zeitgenossen ihr Berufsleben spätestens mit 65 abschließen, steckt Winkelmann voller Zukunftspläne. Mittelfristig steht eine Ruhrgebietskomödie für den WDR an, über die er – pssst, geheim – noch nichts sagen will. Damit kehrt er zu seinen Anfängen zurück. So startete der Achtundsechziger 1978 richtig durch, mit der schrägen Ruhrgebietskomödie „Die Abfahrer“ - außerhalb des Reviers.
In seiner Heimat diente Winkelmann eher als Watschenmann: „Als ,Nordkurve’ in die Kinos kam, hatte ich beim BVB Hausverbot.“ Inzwischen aber sieht selbst die Fußball-Welt den Streifen in mildem Licht. „Pierre Littbarski“, erzählt Winkelmann schmunzelnd, „hat mir bei einer Fachtagung erzählt, der Film ist klasse, da stimmt alles.“ Winkelmann listig blinzend: „Ich war meiner Zeit einfach voraus.“