Berlin.. Mit „Eins gegen Eins“ möchte Sat.1 die Talklandschaft revolutionieren. Tatsächlich nutzte der in den letzten Tagen kräftig unter Druck stehende Vizekanzler Guido Westerwelle die Gelegenheit, seine Aggressionen mal richtig raus zu lassen.

Blut ist keines geflossen beim ersten Polit-Kampf beim Privatsender Sat.1. „Eins gegen Eins“ heißt der Talk, der künftig immer montags um 23.30 Uhr die politische Stimmung im Land anheizen soll. Und tatsächlich gingen die Kontrahenten, Vizekanzler Guido Westerwelle und Gabor Steingart, Chefredakteur des „Handelsblattes“, wie Boxer aufeinander los.

Rechter Haken. Linker Haken. Klatsch. In beiden Ecken des Rings versuchten die Gäste kräftig auszuteilen. Steingart versuchte, Westerwelle Unglaubwürdigkeit anhand ehemaliger Zitate zu unterstellen. Der ließ diesen Vorwurf kalt abprallen, Steingart bringe da etwas durcheinander.

Zu viele Themen

Kurzfristig hatte die Redaktion die geplante Sendung über den Haufen werfen müssen. Die Atom-Katastrophe und die anschließende Debatte in Deutschland über die hiesigen Meiler sowie die defensive Positionierung Deutschlands beim Kampf gegen den libyschen Diktator Gaddafi wollte sie nicht ignorieren. „Atom, Libyen – mal Hü, mal Hott: Hat Wählen überhaupt noch Sinn?“, lautete schließlich die Frage, die Moderator Claus Strunz stellte.

Drei verschiedene Themen wurden so unter eine Überschrift gestellt. Zu viel, wie sich zeigte. Denn so war auch die Struktur der Sendung ein Hü und Hott. Es fehlte die klare Linie, die eine These, die das Publikum am Ende beantwortet bekommt.

Westerwelle wurde immer bissiger im Ton

Westerwelle sprach sich, wie zu erwarten war, fürs Wählen aus. Schließlich würden Millionen Menschen viel dafür geben, wählen zu dürfen. Steingart betonte, dass Wählen keine Pflichtveranstaltung sei, sondern eine Verabredung der Parteien mit dem Bürger. Und wenn die Politiker nicht lieferten, was sie vorher versprechen, mache das die Wähler sauer. Der Journalist sprach sich auch für den Gang zur Wahlurne aus, befürwortete jedoch die Enthaltung als Ausdruck des Protestes. Eine klare „Nein zur Wahl“-Position vertrat kein Gast.

Bald wendete sich der verbale Schlagabtausch der Haltung Deutschlands gegenüber Libyen zu. Steingart warf Westerwelle vor, der „Freiheit hier keinen Dienst erwiesen“ zu haben. Westerwelle ging mit Gegenargumenten in den Nahkampf. Vor allem der FDP-Politiker wurde immer bissiger im Ton. Steingart versuchte, durch Gelassenheit zu provozieren.

„Ich habe vor einem halben Jahr eine andere Meinung vertreten“

Nur einmal wurde der Außenminister in die Defensive gedrängt. Beim Thema Atompolitik und dem GAU in Japan gestand er ein: „Ich habe vor einem halben Jahr eine andere Meinung vertreten.“ Er persönlich habe das, was in Japan passiert ist, nicht für möglich gehalten. Natürlich überprüfe man die eigene Meinung. In einer Position mit Verantwortung müsse man neue Situationen neu bewerten.

Die Risiken habe man vorher gekannt, konterte Steingart. Die verschiedenen Blöcke von Biblis seien nicht gegen Abstürze von Flugzeugen sicher. Vor Japan und jetzt. Er warf Westerwelle vor, die Sicherheitsfrage zur Seite geschoben zu haben. „Das, was Sie jetzt machen, hätten Sie vorher machen müssen.“

Beim „Eins gegen Eins“ blieb es ab der Hälfte der Sendung nicht. Guido Westerwelle bekam zur Verstärkung Tanja Gönner, Umweltministerin in Baden-Württemberg (CDU) zur Seite gestellt. Gabor Steingart sollte vom Parteienforscher der FU Berlin, Gero Neugebauer, unterstützt werden. Die Mit-Diskutanten waren aber völlig überflüssig und schadeten dem Schlagabtausch eher.

Sendung endet mit einem Reinfall

Nach kurzweiligen 45 Minuten durften beide Gäste ein Schlussplädoyer halten. Denn anders als bei allen bisherigen politischen Diskussionsrunden sollten die Kontrahenten auch das Publikum überzeugen. Zu Beginn und zum Schluss wurde es nach seiner Meinung gefragt. So sollte es beim Kampf in der Polit-Arena einen Sieger geben, der die Zuschauer überzeugt hat und einen Verlierer, der k.o. geht.

Doch trotz hitziger Diskussion endete die Sendung mit einem Reinfall. Das Publikum sprach sich zu 80 Prozent fürs Wählen gehen aus, 20 Prozent dagegen. - Genau das Ergebnis, wie vor der Talkrunde. Die Argumente schienen also niemanden zu einer anderen Meinung überzeugt zu haben. So blieb bei der ersten Folge des TV-Fights im Privatsender trotz einer hitzigen Diskussion ein fader Beigeschmack. Der Kampf endete unentschieden, niemand ging k.o.