Essen. . Die Gäste bei Maischberger leben sexuelle Extreme. Gerade das scheint sie zufrieden zu machen und das Selbstverständlichste auf der Welt zu sein. Zum Weltfrauentag ließ die ARD-Talkerin Maischberger über das Thema Sex diskutieren - ohne Tabus.

Alt-Playboy Rolf Eden holt die Viagra-Pillen raus. Ex-Prostituierte Elke Päsler schildert ihr erstes Huren-Erlebnis. Und Alt-68er und Kommune-Eins-Begründer Rainer Langhans erzählt vom geistigen Orgasmus: Wird befinden uns nicht im wilden Dschungelcamp sondern in der ARD bei Sandra Maischberger am Abend des Weltfrauentags.

In der Sendung am Dienstag Abend redeten diese drei und weitere Gäste über das, was fast alle machen. Über das trotz der Serie „Sex and the City“ immer noch nicht viele hemmungslos sprechen: Über Sex. Hurenaktivistin Stephanie Klee so wie Sexualwissenschaftler Prof. Dr. Ulrich Clement und TV-Moderatorin des Frauenmagazins „Mona Lisa“, Maria von Welser, ergänzten das Betroffenen-Trio mit ihrem Experten(halb)wissen. Unter dem Titel: „Trieb statt Hirn: Warum hat Sexualität solche Macht?“ amüsierten sie die Zuschauer über extreme Sex-Ansichten. Entweder ganz oder gar nicht – obwohl kein Durchschnittsgast anwesend war, gab es kaum Streitereien sondern nur selbstzufriedene Gesichter.

Während Langhans im schneeweißen Kostüm über körperlose Liebe fabulierte (der Mann lebt nach eigenen Angaben seit 37 Jahren abstinent), obszönisiert der schwarz gekleidete Ralf Eden den Geschlechterakt auf vulgäre Art und Weise. Seine pietätlose Bemerkung: „Ich möchte beim Sex sterben. Die Dame, in der ich sterbe, bekommt 250.000 Euro von mir.“ Ein unverschämter Macho? Das mag man sehen wie man will, dem Mann ist das egal. Er wirkt glückselig. Virtuell mit sich im Einklang. Wie Langhans esoterische Analyse vielleicht klingen würde, hätte er etwas dazu gesagt und nicht nur die Stirn gerunzelt.


Alternder Casanova

Ohne Sex könne der 84-jährige Casanova Eden ohnehin nicht leben. „Wenn ich nicht mehr kann, begehe ich Selbstmord.“ So ernst habe er das dann doch nicht gemeint. Schwer zu glauben. Derzeit ist er mit einer Unter-30-Jährigen zusammen. „Sie liebt mich“, weiß er. Denn gekotzt habe sie bei seinem Anblick noch nie. Das verbale Niveau von Eden hoben zwei Frauen an, die normalerweise in der Nahrungskette der Gesellschaft ganz weit unten stehen. Was Hurenaktivistin Stephanie Klee ändern möchte. Sie war Jahrzehnte lang Prostituierte und kämpft jetzt für die Rechte von Ex-Kolleginnen.

Auch die Ex-Prostituierte Päsler hat den Weg in Maischbergers Studio gefunden. Anders als Klee hat sie unter der Prostitution gelitten. „Wir Prostituierte sind gut darin, uns alles schön zu reden“, sagt sie. „Ich musste meinen Kopf überlisten, damit mein Körper funktionierte.“ Für ernsthaft Interessierte, die authentische Geschichten von Prostituierten hören wollten, waren die beiden Frauen der Gewinn der Sendung. Gerade Päsler bekam viele wertvolle Sendeminuten von Maischberger geschenkt, als sie von ihrer erstaunlichen Geschichte als dienende Ehe- und Hausfrau schilderte, deren Mann pleite ging und die als Hure die Familie über Wasser halten musste. Trocken schildert sie ihr erstes Huren-Erlebnis: „Mit gespreizten Beinen lag ich auf dem Rücken auf einem Küchentisch.“

Wie in Pretty Woman verliebte sie sich dann aber in einen Freier, der sie aus der Prostitution holte. Wie ein Märchen klang auch Klees Behauptung: „Ich musste mich nie überwinden, habe mich nie geekelt.“ Prostitution ist für sie eine ganz normale Dienstleistung. Ob sie ihr in die Wiegegelegt worden war?

Das Gegenstück zu Klee: Maria von Welser. Adrettes Äußeres der TV-Moderatorin und spießige sich wiederholte Statements ließen erahnen: Diese Frau möchte sich nicht zu der angebliche modernen Gesellschaft zählen, die Huren immer mehr toleriere, wie Klee behauptete. „Prostitution gab es schon immer“, sei deshalb kein neuer zu tolerierender Trend, das welsersche Argument. Doch Welser bleibt dabei: „Prostitution geht gegen die Menschenwürde. Ich bin nicht glücklich über die Legalisierung der Prostitution.“ Das passte zu ihrer Ansicht, dass Frauen nicht freiwillig Prostituierte würden. „Zwei Drittel von ihnen leiden doch unter psychischen Störungen!“

Verständnis für Berlusconi-Orgien

Nicht zu vergessen die tagesaktuellen gesellschaftlichen Fragen, die in der Sendung beantwortet werden sollten. Schließlich ging es um das Faszinosum Berlusconi, der mit einer minderjährigen Prostituierten Sex gehabt haben und sich an gelegentlichen Sexorgien erfreuen soll. Weitestgehendes Verständnis für die Orgien von Seiten der Gäste, außer bei Langhans. Trotzdem: Nur weil Polygamie in Ordnung sei, hieße das noch nicht, dass fremdgehen erlaubt sei, nur weil der Trieb es verlange. „Man ist ja nicht Opfer seiner Triebe“ ist dazu Clements Meinung aus Wissenschaftssicht. Unkontrollierter Sex dürfe weder durch Triebe noch durch keine echte Sexsucht gerechtfertigt werden.

Eden und Langhans, die beiden „Propheten ihrer Sexualität“, mussten nichts rechtfertigen. Sie schienen mit ihrer Art von Sex(ueller Enthaltung) befriedet zu sein. Langhans: Man ist dann am glücklichsten, wenn man göttlich ist.“ Die körperliche Berührung zerstöre die Feinheit des Geistes. Ihre Ansichten waren weitab von dem, was in der Gesellschaft gemeinhin als moralisch, vernünftig oder befriedigend gilt. Aber weil ihre Ansichten über Sex bei Maischberger salonfähig wurden, waren sie auf einmal nicht mehr so abstrus. Vielleicht machten sie den Weg ein Stückchen freier für einen noch offeneren Umgang mit Sex-Extremen. Wenn man die Anwesenden denn ernst und beim Wort nahm.