München..
Das Jahr 2010 hatte für die ARD überraschende Höhen, aber auch deutliche Tiefen: Programmchef Herres zieht eine gemischte Bilanz und sieht das Erste in einer schlechten Gesamtsituation.
Er kommt von der Information, doch er weiß um den Wert der Unterhaltung: ARD-Programmchef Volker Herres. Beim Adventsessen des Ersten am Wochenende in München verbreitete er mit launigen Worten ausschließlich frohe Botschaften. Dabei gibt es durchaus Zahlen, die nicht so recht zur vorweihnachtlich milden Stimmung passen.
Herres sah im zu Ende gehenden Jahr „Anspruch und Erfolg“ im Ersten vereint. Die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer in Südafrika habe dem öffentlich-rechtlichen Senderverbund „die meist eingeschaltete Sendung überhaupt“ beschert, seitdem 1975 in Deutschland die Reichweite von TV-Sendungen gemessen werde. Das Halbfinale Deutschland gegen Spanien sahen 31,1 Millionen Zuschauer.
Zudem bekannte sich Herres als „Lenasteniker“, nachdem Lena Meyer-Landrut den Eurovision Song Contest gewonnen hatte. Das Finale in Oslo, Norwegen, interessierte fast 15 Millionen Zuschauer, darunter 8,42 Millionen unter 50. Der Zuspruch beim jungen Volk entsprach einem Marktanteil von 61,4 Prozent - eine Sensation.
„Noch so ein Sieg, und wir sind verloren“
Lenas Sieg verpflichtete die ARD allerdings auch dazu, den ESC in diesem Jahr in Deutschland auszurichten. Herres über das Düsseldorfer Millionen-Spektakel: „Noch so ein Sieg, und wir sind verloren.“ Denn der Gewinner müsse den Spaß bezahlen.
Deutlich günstiger sind die fest eingeführten Shows der ARD, die donnerstags solide Quoten einfahren. Erfolgreich liefen auch die beiden Geburtstagsshows zum 60-Jährigen der ARD.
Als Pilawa-Nachfolger am Donnerstag präsentierte Herres in München den zuletzt glücklosen Sat.1-Moderator Kai Pflaume. Wer die fürs nächste Jahr angekündigte neue Samstagsshow „Deutschlands Schlau-Star“ moderieren soll, ließ Herres offen.
Überraschend viele Zuschauer lockte die siebenstündige Übertragung der Neuwahl des Bundespräsident. Herres: „Der Marktanteil hierfür lag bei beeindruckend ungewöhnlichen 18,3 Prozent.“ Herres hofft, dass den sieben Landtagswahlen im kommenden Jahr ähnlicher Zuspruch beschieden ist.
RTL zieht den öffentlichen-rechtlichen davon
Die Schlaglichter auf die Hits der Quoten-Hitparade konnten aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der private Konkurrent RTL (November-Marktanteil: 15,3 Prozent) ARD (12,2 Prozent) und ZDF (11,7 Prozent) zunehmend davon zieht, gerade auch beim Gesamtpublikum, der einst lieber öffentlich-rechtlich fernsah.
Die November-Quoten werfen ein besonders grelles Schlaglicht auf die RTL-Programmstärke. Die Kölner stellen beim Gesamtpublikum elf der 20 meist gesehenen Sendungen. Bei den jungen Leuten sind RTL & Co. so erfolgreich, dass die Top 20 kein einziges Format der Öffentlich-Rechtlichen verzeichnen.
Was Herres zu denken geben sollte: Der Kölner Privatsender baut seinen Vorsprung aus, obwohl die olympischen Winterspiele und die Fußball-Weltmeisterschaft weitgehend bei den Gebührenfinanzierten stattfanden. Und im nächsten Jahr gibt es keinen großen Sport-Wettbewerb, der Superquoten garantiert.