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Misel Maticevic ist einer der Stars der gerade mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichneten ARD-Serie “Im Angesicht des Verbrechens”. Jürgen Overkott sprach mit dem in Berlin aufgewachsenen kroatischen Schauspieler.

Sie sind oft als harter Kerl besetzt worden. Gehen Sie gern zum Zahnarzt?

Misel Maticevic:Punkt eins, mag sein, dass ich am Anfang meiner Karriere eher als harter Kerl besetzt worden bin, brutal, durchtrieben, was auch immer. Aber ich habe im Laufe der Jahre gegengesteuert, ich will mich nicht in eine Schublade drängen lassen. Punkt zwei, wie hart bin ich wirklich? Es gibt bei aller Härte, die ich gelegentlich an den Tag lege, auch immer die sensible Komponente. Punkt drei, Zahnarzt-Besuche finde ich überhaupt nicht lustig. Ich habe sehr gute Zähne, hab’s aber gar nicht gerne, wenn mir jemand im Mund rumpopelt. In meinem Fall ist das so, dass der Zahnarzt ein Kumpel von mir ist, ich würde sogar sagen, wir sind freundschaftlich miteinander verbunden, und deshalb weiß er, was für eine Mimose ich beim Zahnarzt bin.

Nicht nur der Zahnarzt ist für Sie eine Vertrauensperson, sondern auch der Regisseur Dominik Graf, mit dem Sie schon viele Filme gedreht haben. Wie würden Sie Ihr Verhältnis beschreiben?

Maticevic: Ja, es ist tatsächlich ein freundschaftliches Verhältnis geworden. Aber das ist doch gar nicht so ungewöhnlich, wenn man so oft miteinander arbeitet. Da lernt man sich einfach gut kennen.

Sie haben die Serie “Im Angesicht des Verbrechens” von A bis Z gesehen. Wie finden Sie das fertige Produkt?

Maticevic: Großartig. Mich selbst allerdings kann ich schlecht beurteilen. Ich bin mit dem, was ich von mir auf der Leinwand sehe, nie 100-prozentig zufrieden. Ich sehe immer etwas, was ich noch besser machen könnte. Einen Film, mit dem ich rundum zufrieden war, gibt es bis heute noch nicht.

„Im Angesicht des Verbrechens“ ist bei der Berlinale im Kino vorgeführt worden. Wie fühlte sich das?

Maticevic: Es ist immer gut, wenn ein Kino voll ist…

…aber Sie werden nicht immer dabei beobachtet, wie sich selbst bei der Arbeit zusehen. Gab‘s da keinen Adrenalin-Kick?

Maticevic: Doch klar, das ist in solchen Situationen immer so. Ich bin aufgeregt und nervös, und am liebsten wär‘ es mir, wenn ich mir den Film im Kino allein angucken könnte.

Es heißt, Sie wollten schon als Achtjähriger zum Film. Gab es ein Schlüsselerlebnis?

Maticevic: Ich wollte möglicherweise damals schon Schauspieler sein. Ich sollte in der Schule malen, was ich später sein will, und ich habe mich als Schauspieler gemalt. In der Oberstufe war das konkreter. Da haben wir im Unterricht Sturm & Drang durchgenommen, haben Büchner gelesen und Kleist. Und dann habe ich Gérard Depardieu gesehen, als „Danton“, und den fand ich großartig.

Ich habe das richtig verstanden, Sie haben als Jugendlicher Klassiker gelesen - und Sie waren begeistert?

Maticevic:Ja, großartig. Aber meine Schulfreunde, die heute immer noch meine Freunde sind, waren etwas - sagen wir - irritiert.

Für Jugendliche sind Klassiker eher uncool. Was hat Sie gepackt?

Maticevic:Die Sprache war anders, die Denke war anders, die Zeit war anders. Genau das hat mich fasziniert, und dann eben noch Dépardieu als „Danton“ zu sehen - das war eine Wucht. Das war prägend.

Haben Sie Depardieu je getroffen?

Maticevic: Nö, aber das wär‘ schön. Ich würde gern mal mit ihm eine Nacht durchsaufen.

Worüber würden Sie gern mit ihm reden?

Maticevic: Das würde sich ergeben. Ich glaube sogar, in den ersten Stunden würde ich nur da sitzen, zuhören und wäre einfach stolz darauf, ihn treffen zu dürfen.