. .

Ein Nachtsichtgerät und die Aufmerksamkeit eines Hubschrauberpiloten retteten einem 14-jährigen Schüler das Leben. Als 235 Menschen von der brennenden „Lisco Gloria“ in der Nacht zum Samstag bereits evakuiert waren, entdeckten Marineflieger den Jungen. Er hatte die Luke seiner Kabine eingeschlagen und mit Winken auf sich aufmerksam gemacht. Flammen, so vermutete ein Marinesprecher am Sonntag, hatten dem litauischen Schüler den Weg abgeschnitten. Nur in Unterhose bekleidet, musste er sich die Rettungsschlinge umbinden und durch die kühle Nacht an Bord hieven lassen. Dort sank er in die Arme eines ihm gänzlich unbekannten Offiziers.

Zu dem Zeitpunkt waren die restlichen Passagiere bereits in Sicherheit. Die in der Nähe kreuzende „BP 22 Neustrelitz“ hatte 120 Menschen aufgenommen. „Es sah aus wie auf einem Flüchtlingsschiff“, berichtete Pressesprecher Matthias Menge. Die Besatzung der MS Deutschland nahm ebenfalls Passagiere auf. 28 Menschen wurden verletzt.

Nach einem technischen Defekt an einem Lkw war auf der Fähre, die von Kiel nach Klaipeda in Litauen unterwegs war, ein Brand ausgebrochen. Weil das Schiff zunächst führerlos durch die Ostsee schipperte, schickte das Havariekommando ein so genanntes „Boarding-Team“ auf die Fähre. „Vier Spezialisten wurden vom Hubschrauber auf der „Lisco Gloria“ abgesetzt“, erläutert Pressesprecherin Ulrike Windhövel. Sie haben den Anker fallen lassen, so dass das Schiff gestoppt wurde. Anschließend wurde die „Lisco Gloria“ gekühlt, um ein Auseinanderbrechen der Fähre zu verhindern. Schiffsbrände, so erläutert Windhövel, seien extrem schwierig zu löschen. Einerseits heize sich die Stahlhaut auf bis zu 300 Grad auf, andererseits kann man nicht endlos Wasser zum Löschen einsetzen. Wird das Wassergewicht zu groß, drohe das Schiff zu sinken.

Erst gestern Mittag konnten die Rettungskräfte Entwarnung geben. „Das Schiff liegt stabil und vor Anker“, erklärte der Kommandeur des dänischen Seerettungsdienstes SOK. Die Dänen hatten das Kommando am Sonntagmorgen übernommen, weil die Fähre in ihren Gewässern vor der Insel Langeland vor Anker liegt. Bei dem Unglück, dem größten seit Jahren in der Ostsee, wie der deutsche Feuerwehrarzt Hans-Richard Paschen erklärte, sei kein Öl ausgelaufen. Die Fähre habe 200 Tonnen Treibstoff an Bord. Dennoch wurde das dänische Umweltschiff „Marie Miljo“ an den Unglücksort entsandt, um im Notfall auslaufendes Öl aufzunehmen.

Heimflug nach Litauen

Bergungsspezialisten der niederländischen Firma „Smit Salvage“ sind ebenfalls vor Ort in der Ostsee. Sie wurden von der Reederei beauftragt. Die Feuerwehr sollte das Schiff, dessen Außenwand noch glüht und durch das Feuer zum Teil zerstört war, noch im Laufe des Sonntags betreten, um zu prüfen, ob weiterhin kleine Feuer im Inneren brennen, sagte der Leiter. Dann solle auch Wasser aus dem Schiff gepumpt werden, um es zu stabilisieren. „Es ist kein Such- und Rettungseinsatz mehr. Zur Zeit ist es ein Umweltschutzeinsatz“, erläuterte der diensthabende Kommandeur des Einsatzkommandos.

Bereits am Sonntagnachmittag war ein Großteil der Passagiere wieder in ihrer Heimat angekommen. Sie haben von Hamburg aus einen Flug in die Baltenrepublik genommen, sagte eine Sprecherin der Polizei in Kiel. „Einige sind so stark traumatisiert, dass sie nicht mit der Fähre fahren wollten.“