Köln..

Der Deutsche Fernsehpreis hat sich neue Kategorien verpasst. Bei der Filmbranche sorgte das für Unmut bis zum Boykottaufruf. Bei den Stiftern geht es jedoch um einen Kompromiss, um den Preis als ganzen für die Branche zu erhalten.

Es ist gut, dass die Sat.1-Serie „Danni Lowinski“ beim Deutschen Fernsehpreis am Samstagabend in der Kategorie „Beste Serie“ geehrt wurde. Denn zum einen handelt es sich dabei um ein herausragendes Fernsehformat: Es kommt bei Publikum und Kritik gleichermaßen an. Zudem war kürzlich aus den USA zu hören, dass man an einer amerikanischen Adaption der Serie aus deutschen Landen arbeite. Eine kleine Sensation. Zum anderen hatte Danni Lowinski alias Annette Frier durch ihre Ehrung Gelegenheit, der Branche in ihrer Dankesrede die Leviten zu lesen und nicht wenigen im schwelenden Streit um den neuen Modus des Fernsehpreises aus der Seele zu sprechen.

Mit einem neuen Kategoriensystem haben die Stifter des Fernsehpreises – ARD, ZDF, Sat.1 und RTL – in diesem Jahr für Unmut unter den Kreativen aus Film und Serie gesorgt. Ausgezeichnet werden hier nur noch Schauspieler und das jeweils beste Werk. Einzelleistungen wie Regie und Kamera wurden – bis auf die freie Kategorie „Besondere Leistung Fiktion“ – in die Werkskategorien integriert. Ein Dilemma: Die Filmschaffenden sehen sich nicht mehr ausreichend gewürdigt, die Stifter indes sind zu der Überzeugung gelangt, dass die Gewichtung des Fernsehspiels in der Fernsehlandschaft mittlerweile eine andere ist, als noch vor einigen Jahren.

Verbände drohten in den vergangenen Wochen mit einem Boykott der Veranstaltung. Der allerdings fiel eher vereinzelt aus. Die ganz Großen der Fernsehszene sieht man in der Regel ohnehin nur auf der Veranstaltung, wenn es einen Preis entgegenzunehmen, oder zu überreichen gilt. Das gilt auch für Vertreter anderer Disziplinen. Moderatoren wie Thomas Gottschalk, Günther Jauch, Harald Schmidt oder Johannes Kerner gehören eher nicht zu den Stammgästen der Gala.

Der ersehnte Seitenhieb kam von Annette Frier

Als Zeichen des Protests heftete der Schauspielerverband den Vertretern der Zunft bereits auf dem roten Teppich Anstecker mit der Aufschrift „Ich bin preiswert“ ans Revers, T-Shirts mit der Aufschrift „Restnominerte“ waren zu sehen. Anwältin Lowinski alias Frier forderte in ihrer kurzen, aber deftigen Ansprache „die Parteien auf, ihren beleidigten Arsch an einen Tisch zu setzen, um für die Preisverleihung 2011 eine konstruktive Lösung zu finden, so dass wir uns nächstes Jahr wieder alle gemeinsam besaufen können“. Es war der von vielen ersehnte Seitenhieb.

Vor allem bei den Vertretern der Fiktion war der Unmut auch während der Party im Anschluss an die Preisverleihung zu spüren. „Die Stimmung könnte ein bisschen euphorischer sein“, sagte Annette Frier gegenüber DerWesten. Ihr Vorschlag für die Zukunft: „Wir sollten uns ein Beispiel an Amerika nehmen. Da sind die Oscar-Verleihungen stundenlang und gesendet wird ein Best of.“ Friers Protestnote während der Preisgala blieb nicht der einzige Seitenhieb, wenn auch der eindrucksvollste. So berief sich Christoph Bach, der als Bester Schauspieler geehrt wurde, auf Studentenführer Rudi Dutschke – für dessen Darstellung im ZDF-Film „Dutschke“ er geehrt wurde. Auch in der Dankesrede des Filmteams der „Tatort“-Episode „Weil sie böse sind“ mit Ermittlerduo Andrea Sawatzki und Jörg Schüttauf kam die missliche Lage kurz zur Sprache.

Privatsender kommen vermehrt zum Zug

Die Stifter des Fernsehpreises haben einen Spagat zu bewältigen. Mit dem Zusammenstreichen bei den fiktionalen Kategorien sollte auch Platz für Neues geschaffen werden, um die derzeitige TV-Landschaft besser abzubilden. Zum Beispiel mit einem Publikumspreis, der an die ARD-Dauerserie „Sturm der Liebe“ ging. Die Zuschauer hatten im Netz über ihr Lieblingsprogramm abgestimmt. Die ARD-Telenovela konnte sich gegen „Anna und die Liebe“ (Sat.1) und „Gute Zeiten – Schlechte Zeiten“ (RTL) durchsetzen. Produzentin Bea Schmidt erklärt sich den Erfolg so: „Wir wollten unsere Zuschauer von Anfang an nur unterhalten“, sagte sie in ihrer Dankesrede.

Das Programm der Privatsender – die ebenfalls viel Geld in die Veranstaltung stecken – fand unter anderem mit der neuen Kategorie „Bestes Dokutainment“ Niederschlag. Als „’ne Infosendung, wo der Zuschauer nicht sofort einpennt“, erklärt Comedien Cindy aus Marzahn als Laudatorin das Genre. Der Preis ging hier an Sternekoch Christian Rach, der mit seinen RTL-Sendungen „Rach – Der Restauranttester“ und „Rachs Restaurantschule“ angehenden und angeschlagenen Gastronomen auf die Sprünge hilft. Stefan Raab räumte mit seiner Castingsendung „Unser Star für Oslo“ gleich doppelt ab. Die Sendung wurde in der Kategorie „Beste Unterhaltung“ geehrt, Raab selbst bekam als „Bester Entertainer“ die in diesem Jahr neu eingeführte Ehrung für eine Besondere Leistung Unterhaltung.

Piel: Es gelte, alle vier Sender an einem Tisch zu halten

Die Auseinandersetzung zwischen den Filmschaffenden und den Stiftern in diesem Jahr macht einmal mehr deutlich, welcher diplomatische Kraftakt hinter dem Deutschen Fernsehpreis steht. Man habe sich im Stifterkreis einhellig auf das neue Kategoriensystem geeinigt, betonte dessen Vorsitzende und WDR-Intendantin Monika Piel gegenüber DerWesten. „Wenn wir das nicht getan hätten, hätte es vielleicht keinen Fernsehpreis mehr gegeben“, sagte sie. Es gilt, alle vier Sender an einem Tisch zu halten. Angesichts dessen bleibt Piel gegenüber der Drohung eines alternativen Preises durch die Verbände der Filmschaffenden gelassen. „Ich hätte überhaupt nichts dagegen“, sagte sie. Es es sei nun einmal so, dass die Menschen, die einen Preis stiften auch das Recht haben, über die Kategorien zu befinden. „Sonst könnten sich die Verbände den Preis als Stifter und Jury gleich selbst überreichen“, so Piel im Gespräch.

NRW-Medienstaatssekretär Marc Jan Eumann hofft für die Zukunft auf Geschlossenheit der Branche. Er wünscht sich „keine weitere Vereinzelung, sondern die Stärkung der Marke Deutscher Fernsehpreis“. Auch Schauspielerin Annete Frier fände es schade, wenn es zum Bruch käme. Allerdings sagte sie auch: „Wenn jetzt gar keine Bewegung ins Spiel kommt, dann muss man über so eine Alternative natürlich nachdenken.“ Der von Serien-Anwältin Lowinski geforderte Gesprächtermin ist bereits anberaumt.