. .
Besser Unheilig als scheinheilig. Das wird am Freitag gelten, wenn die Pathos-Rocker für NRW den Titel holen wollen. Unheilig treten bei Stefan Raabs Bundesvision Song Contest für Nordrhein-Westfalen an.
Wie sie sich schlagen, wird ab 20.15 Uhr bei ProSieben zu sehen sein. Musikalisch war der Wettbewerb selten so abwechslungsreich – und der Altersdurchschnitt selten so hoch.
16 Bands aus den 16 Ländern gehen beim „BuViSoCo“ (Raab-Jargon) live in der Berliner Max-Schmeling-Halle an den Start. Jeder Beitrag muss zumindest zu 50 Prozent auf Deutsch gesungen sein. Den Bundesvision Song Contest 2009 konnte Peter Fox mit seiner Hymne „Schwarz zu blau“ für seine Heimat Berlin gewinnen und holte damit die Sause nach dem Sieg der Gruppe Seeed 2006 zum zweiten Mal in die Hauptstadt. Der Wettbewerb wird im Siegerland des Vorjahres ausgetragen.
Der Charme des Wettbewerbs liegt auch in der Frage, ob die einzelnen Bundesländer einen bestimmten Sound haben. Aber: Es sieht nicht danach aus. Fast kein Bundesland tritt mit der Musikrichtung des Vorjahres an. Selbst die Hip-Hop-Bastion Hamburg schickt mit Selig diesmal eine Rockband vor. Musikalisch war Raabs Song Contest selten so abwechslungsreich. Zwischen all den Indie-, Hip-Hop-, Elektro-, und Spaßpop-Gruppen lässt sich kaum ein Muster entdecken. Auffällig ist nur die hohe Zahl erfahrener Bands und Musiker.
Da wäre beispielsweise Annette Humpe, deren Karriere schon zu Zeiten von Helmut Schmidt losging. Zur NDW-Zeit war sie mit den Neonbabies und Ideal unterwegs, 30 Jahre später scheint sie mit Ich + Ich immer noch den Zeitgeist zu treffen. Anderes Beispiel: Dirk Darmstaedter. Ende der 80er spielte er bei den Jeremy Days. Inzwischen ist er bekannter für seine Solo-Projekte.
Ein bisschen jünger als Darmstaedter – aber nicht viel – ist Jan Plewka. Er tritt mit der Band Selig auf, die ihre ersten Hits schon Mitte der 90er hatte. Vielleicht war es die Reunion-Tour im letzten Jahr, die Plewka Mut gemacht hat. Die Band spielte fast nur in ausverkauften Clubs. Älter, als man glauben könnte, sind auch Unheilig (NRW) und Blumentopf (Bayern). Die Aachener Pathos-Rocker gibt es seit 1999, die Münchner Hip-Hop-Band seit 1992.
Bei so vielen Musikern in den besten Jahren ist es erfreulich, auch mal ein paar Schulhof-Favoriten wie Stanfour zu sehen. An der Band aus Schleswig-Holstein kann man, nebenbei bemerkt, gut ablesen, dass eine junge Zielgruppe nicht zwangsläufig auf Zahnspangensound hinausläuft. Für eine Gruppe von der 8000-Seelen-Insel Föhr klingen Stanfour erstaunlich international. Durchaus ein Titelanwärter bei dieser Sendung.
Bleiben die Geheimtipps. Indie-Pop hat es traditionell etwas schwer beim Song Contest. Schade eigentlich, denn mit Auletta (Rheinland-Pfalz) und Mikroboy (Saarland) treten zwei Bands an, denen man durchaus mehr Radio-Präsenz gönnt. Sollten sie aber vorne liegen, ändert sich das ohnehin schlagartig.