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Angst und Verzweiflung bei der Sendung Aktenzeichen XY: Familie Bögerl flehte die Entführer ihrer Ehefrau und Mutter Maria um die Freilassung an. Der Hilferuf löste ein großes Echo aus.

Viele Menschen träumen heutzutage von einem Auftritt im Fernsehen. Für Sparkassen-Chef Thomas Bögerl und seine Kinder waren diese Momente allerdings ein Alptraum. Vor acht Tagen wurde Maria Bögerl im eigenen Haus entführt. Ein Lösegeld wurde gefordert und zur Übergabe an die A7, markiert mit einer großen Deutschland-Flagge, gebracht. Aber niemand holte es ab. Seither wartet die Familie auf ein Lebenszeichen – am Mittwochabend wandte sie sich im Fernsehen an die Täter.

Die entführte Maria Bögerl.
Die entführte Maria Bögerl. © AP

Anders als so manche TV-Sendung wurde bei Aktenzeichen XY das Wichtigste nicht bis zum Schluss aufbewahrt: Nach drei Beiträgen folgt der Fall der entführten Bankiers-Frau Maria Bögerl. Zunächst wird zu den Ermittlern geschaltet. Sachlich und nüchtern präsentiert der Leiter der Sonderkommission Flagge die Informationen und bittet Zeugen um Mithilfe. Dann das Überraschende: Die Familie, nicht der Vater allein, übermittelt eine bewegende Botschaft an die Entführer.

Ausschlachtung von Trauer und Leid ist die wohl häufigste Kritik an Fernsehsendungen. Moderator Rudi Cerne betont vorab: „Für die Familie ist die Situation unerträglich. Aber es ist ihr ausdrücklicher Wunsch.“

„Bitte geben Sie uns ein Zeichen“

Dann schaltet die Kamera um, und die tiefe Verzweiflung füllt den Bildschirm. Der Vater sitzt umrahmt von seinen zwei Kindern. „Wir flehen Sie an, die für uns alle so qualvolle Situation positiv zu beenden“, sagt der Sohn und ringt um Fassung. Die Tochter fleht weinend: „Bitte geben Sie uns irgendein Zeichen.“ Tränen übermannen auch den Vater: „Wir appellieren an Ihre Menschlichkeit. Bitte, bitte, bitte.“

Die Angst erschüttert ihre Körper und schwappt bis zum Publikum. Ihr verzweifelter Appell dauerte nur kurz – und doch will man kaum hinschauen. Anders als in den sonst nachgestellten Kriminalfällen flossen echte Tränen. Sie überwinden die Distanz des Zuschauers. Das ist real, das passiert gerade jetzt.

Nach dem Appell an die Entführer bleibt auch der Moderator für einen kurzen Moment still. Aber dann geht es weiter im Programm: Banküberfall in Düsseldorf, Obdachlosenmord in Limberg, Betrüger in Lünen. Die Fälle sind meist ein Jahr alt. Der Zuschauer kann wieder Distanz aufbauen. Mit dem XY-Preis wird ein engagierter Sportler aus Sachsen gelobt, der einen Taschenräuber gestellt hat. Der Zuschauer fühlt sich wieder ein bisschen sicherer. Mit echten Tränen mag niemand ins Bett gehen.

Bislang keine heiße Spur

Etwas Mut konnte Moderator Cerne am Ende der Sendung noch machen: Ein Anrufer hat zufällig das Auto fotografiert, in dem Maria Bögerl entführt wurde. Insgesamt gingen rund 200 Hinweise ein - laut ZDF „ein ungewöhnlich großes Echo“. Ein Sprecher der Polizei in Heidenheim sagte am Donnerstag: „Davon bewerten wir bislang sieben als zentral.“ Eine heiße Spur gebe es aber noch nicht. Die Belohung der Familie wurden von 50.000 auf 100.000 Euro hochgesetzt.

Unterdessen setzte eine Hundertschaft der Polizei auch am Donnerstag die Suche nach der vermissten 54-Jährigen in einem unwegsamen Waldstück fort. Zurück bleibt die Hoffnung, dass die öffentlichen Tränen der Familie nicht umsonst geweint wurden.