Washington. .

„Er war ein so netter, süßer Junge.“ Christy Gandy hat den kleinen Camden noch in guter Erinnerung. Mit ihren beiden, acht und zwölf Jahre alten Söhnen, hatte der Fünfjährige während der Weihnachtsferien im letzten Jahr ausgelassen am Strand herumgetollt. Sandburgen hatten die Jungs gebaut und Fußball gespielt.

Auch Camdens deutsche Großeltern, die mit ihrem Enkel ein paar Ferientage auf der bleistiftschmalen Florida-Insel St. George am Golf von Mexiko verbrachten, hat Christy noch in angenehmer Erinnerung. „Freundliche Leute, selbst wenn sie kaum englisch sprachen.“

Nichts habe darauf hingedeutet, dass sich just einen Tag nach der Abreise der Familie Gandy in der Ferienwohnung im 1. Stock ein furchtbares Familiendrama abspielen sollte.

Die eigene Oma soll Camden, als das neue Jahr gerade vier Tage alt war, in der Badewanne ertränkt haben. Seither sitzt Marianne Bordt (71) aus Baden-Württemberg in Florida in Haft.

Die Staatsanwaltschaft forderte jetzt bei der Anklageerhebung Anfang der Woche die Todesstrafe für diesen „vorsätzlichen Mord“.

Folgt die Grand Jury dieser Ansicht, droht Camdens Oma die Exekution mit der Giftspritze. Wann der Prozess stattfindet, steht noch nicht fest.

Bordts Pflichtverteidigerin Ines Suber fordert mehr Zeit, um sich auf dieses Verfahren vorbereiten zu können. Für den nächsten Juli ist zunächst eine weitere Anhörung geplant.

Zweieinhalb Stunden hatte Großvater Heinz Frau und Enkel in der Ferienwohnung alleingelassen, um ein paar Besorgungen im Ort zu machen. Als er zurückkam, fand er Marianne angekleidet und triefnass vor.

Sie hatte angeblich versucht, sich im Meer zu ertränken. Im Badezimmer fand der Großvater dann seinen leblosen Enkel mit dem Gesicht im Wasser in der Wanne vor. Heinz zog den Jungen heraus, raste mit ihm und seiner Frau auf dem Rücksitz zur nächsten Feuerwache. Doch Camden war tot.

Vor der Polizei gab Heinz Bordt danach an, dass seine Frau die Tat ihm gegenüber mit den Worten begründet hatte, sie habe Camden ein Leben als Scheidungskind ersparen wollen.

Dabei war die Ehe ihrer Tochter Karin schon 2006 zerbrochen. Karin und ihr amerikanischer Ehemann David hatten sich das Sorgerecht für Camden, der deutsch und englisch sprach, geteilt.

David war nach der Trennung in einen zehn Autominuten entfernten Nachbarort gezogen, während Camden die meiste Zeit über bei seiner Mutter in Roswell, einer rund 100 000 Einwohner zählenden Stadt nördlich von Atlanta im Bundesstaat Georgia, lebte.

„Beide waren wunderbare Eltern“, meinte Rechtsanwalt Thomas Salatta, der David in dem Scheidungsprozess juristisch vertreten hatte und im Laufe des Verfahrens auch so etwas wie ein Freund wurde. Die Nachricht vom Tod seines Jungen habe David wie ein Schlag getroffen. „Er war vor Gram am Boden zerstört.“

Eng war wohl der Kontakt zwischen seiner Ex-Frau und ihren Eltern. Heinz und Marianne lebten zumindest zeitweilig in Karins Haus.

Nachbarn berichteten indes, dass die deutsche Familie überaus zurückgezogen lebte. Nur selten habe man Karin oder ihre Eltern auf der Straße getroffen.

Jeder kennt jeden

Niemand habe näheren Kontakt gehabt. „Dabei kennt hier eigentlich jeder jeden“, meinte Sousan Maserratt, die schräg gegenüber von Karin Hiers’ Eckhaus lebt.